Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer Aufhebungsvereinbarung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die in einem Aufhebungsvertrag getroffene Beendigungsvereinbarung unterliegt als solche keiner Angemessenheitskontrolle im Sinne einer Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.

2. Die Drohung des Arbeitgebers mit der außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses für den Fall, dass der Arbeitnehmer mit einem Aufhebungsvertrag nicht einverstanden ist, ist nicht widerrechtlich, wenn der Arbeitgeber die Kündigung für gerechtfertigt halten durfte. Dies kann auch wegen des Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung wie der sexuellen Belästigung einer von dem Arbeitnehmer betreuten Mitarbeiterin der Fall sein.

 

Normenkette

BGB § 123 Abs. 1, §§ 611, 307 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 28.11.2018; Aktenzeichen 4 Ca 854/18)

 

Tenor

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    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 28. November 2018 - 4 Ca 854/18 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

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    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvereinbarung, hilfsweise durch außerordentliche, hilfsweise ordentliche, Kündigung.

Die Beklagte leitet eine Einrichtung, in der geistig behinderte Menschen betreut und in verschiedenen Werkstätten beschäftigt werden. Der Kläger ist seit Januar 2011 als Teamfachkraft Arbeits- und Berufsförderung in der Metallwerkstatt der Beklagten zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt ca. 3.700,00 Euro beschäftigt (vgl. Arbeitsvertrag Anlage K 1 zur Klageschrift, Bl. 5 dA.). Als Teamleiter obliegt ihm ua. die Anleitung der betreuten Mitarbeiter bei der Durchführung von Metallarbeiten.

Am 09. Juli 2018 konfrontierte der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger im Rahmen eines Personalgesprächs, an dem auch der technische Leiter der Beklagten Herr H., die Leiterin der sozialen Dienste der Beklagten Frau F., die Personalreferentin Frau J., der Betriebsratsvorsitzende Herr K. und das Betriebsratsmitglied Herr L. teilnahmen, mit dem Vorwurf, er habe am vorangegangenen Donnerstag der Mitarbeiterin Frau W. seine Hand in die Hose geschoben und dort mehrere Minuten lang verweilen lassen. Es liege insoweit eine glaubhafte Zeugenaussage vor. Der Kläger unterzeichnete im Rahmen des Gesprächs eine Aufhebungsvereinbarung, nach der das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen am 09. Juli 2018 endet (Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 6 dA.).

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 13. Juli 2018, der Beklagten zugestellt am 16. Juli 2018, hat der Kläger seine Erklärung vom 09. Juli 2018 angefochten (Anlage K 3 zur Klageschrift Bl. 7 bis 9 dA.). Daraufhin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 18. Juli 2018 (Anlage K 4 zur Klageschrift, Bl. 10 dA.) das Arbeitsverhältnis vorsorglich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30. September 2018.

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, er sei zum Abschluss des Aufhebungsvertrags durch rechtswidrige Drohung mit einer fristlosen Kündigung bestimmt worden. Eine sexuelle Belästigung von Frau W. habe nicht stattgefunden. Der vorgeworfene Geschehensablauf könne sich gar nicht abgespielt haben, da die Räumlichkeiten einsichtig seien und dies den zahlreichen dort arbeitenden Personen aufgefallen wäre.

Die Beklagte hätte vor dem Abschluss des Aufhebungsvertrags weitere Aufklärungsmaßnahmen durchführen müssen. Insbesondere habe man die Mitarbeiter S. und E. erst nach dem Personalgespräch mit ihm zu dem Vorwurf angehört.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

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    festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Aufhebungsvereinbarung der Parteien vom 09. Juli 2018 nicht beendet wurde,

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    festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 18. Juli 2018 nicht beendet wurde;

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    festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 18. Juli 2018 nicht beendet wurde;

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    die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Zwischenzeugnis zu erteilen, welches sich auch auf Leistung und Führung im Arbeitsverhältnis erstreckt;

hilfsweise zu 4.:

  • -

    die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen, welches sich auch auf Leistung und Führung im Arbeitsverhältnis erstreckt.

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger sei am 05. Juli 2018 zusammen mit der ihm zugewiesenen betreuten Mitarbeiterin Frau W. in ein neben der Metallwerkstatt befindliches Büro gegangen, wobei er den Arm um sie gelegt habe. In dem Büro habe der Kläger die Mitarbeiterin an sich gezogen und seine Hand in deren Genitalbereich gelegt. Dies habe der Zeuge E. beobachtet, der den Vorfall den beiden Sozialarbeiterinnen, dem Leiter der Metallwerkstatt und auch dem Geschäftsführer der Beklagten geschildert habe. Daraufhin habe der Geschäftsführer beschlossen, das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Wegen der weiteren E...

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