Entscheidungsstichwort (Thema)

Anlasskündigung. Krankengelderstattung. Krankengeld und Anlasskündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine so genannte „Anlasskündigung” (Kündigung des Arbeitgebers aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit) liegt vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit wesentliche Bedingung der Kündigung ist, wobei es auf die objektive Ursache und nicht auf das Motiv der Kündigung ankommt.

 

Normenkette

EFZG § 3 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1, § 8

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 10.05.2006; Aktenzeichen 4 Ca 13/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10. Mai 2006 – 4 Ca 13/06 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um die Frage, ob die klagende Krankenversicherung aus übergegangenem Recht einen Anspruch auf Erstattung von Krankengeld gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber des bei ihr krankenversicherten Arbeitnehmers hat.

Der bei der Klägerin krankenversicherte Arbeitnehmer V. war von der Beklagten zum 05.09.2005 als Bereichsleiter Lager/ Logistik eingestellt worden. Unter Ziffer 11 des Arbeitsvertrages ist die Verpflichtung des Arbeitnehmers enthalten, im Falle einer Arbeitsverhinderung infolge Krankheit oder aus sonstigen Gründen der Firma unverzüglich, spätestens bis zum Dienstbeginn, Mitteilung zu machen. Bei Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung hat der Angestellte der Firma spätestens am 3. Tag der Erkrankung eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen.

Am 19.09.2005 fehlte der Arbeitnehmer V. unentschuldigt. Auf Anruf eines Mitarbeiters der Beklagten erklärte der Arbeitnehmer, dass er sich nicht wohl fühle. Einen Tag später am 20.09. suchte der Arbeitnehmer einen Arzt auf und übersandte der Beklagten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis einschließlich Samstag, den 24.09.2005. Am Montag, den 26.09.2005 erschien der Arbeitnehmer weiterhin nicht zur Arbeit und nahm auch keine Unterrichtung der Beklagten vor.

Ferner meldete er sich ebenfalls nicht am 27.09.2005. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 11.10.2005.

Für die Zeit vom 12.10.2005 bis 13.11.2005 gewährte die Klägerin an den Arbeitnehmer der Beklagten Krankengeld in Höhe von insgesamt 1.518,33 EUR.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten,

die Erstattungsverpflichtung der Beklagten hinsichtlich des gewährten Krankengeldes bestünde, da Anlass der Kündigung die Arbeitsunfähigkeit des bei ihr krankenversicherten Arbeitnehmers V. gewesen sei. Die Kündigung stünde im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dessen Erkrankung.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 1.518,33 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.12.2005 sowie weitere Kosten und Auslagen in Höhe von EUR 10,– zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich,

Klageabweisung beantragt und erwidert,

der Arbeitnehmer V. sei wegen unentschuldigtem Fehlen gekündigt worden. Bereits nach einer Woche Arbeit habe sich die Beklagte aufgrund der schlechten Leistungen des Arbeitnehmers eine Frist von längstens bis zum Monatsende gesetzt, die dem Arbeitnehmer noch zur Bewährung zugebilligt werden sollte.

Das Arbeitgericht Koblenz hat durch Urteil vom 10.05.2006 – 4 Ca 13/06 – die Zahlungsklage auf Krankengeld aus übergegangenem Recht abgewiesen, weil es sich nicht um eine Kündigung aus Anlass einer Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters V. gehandelt habe. Zwar würde nach der älteren Rechtssprechung des BAG der Anscheinsbeweis für das Vorliegen einer Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit im Hinblick auf das Nichtabwarten der Wartefrist von drei Kalendertagen anzunehmen sein und in der Literatur teilweise vertreten, dass sich der Arbeitgeber nicht auf die Unkenntnis der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit berufen könne, wenn er nicht abwarte, ob ihm der Arbeitnehmer die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit innerhalb eines Tages, an dem er die Arbeit hätte wieder aufnehmen müssen, mitteile; denn die Beklagte habe den Anscheinsbeweis erschüttert. Für die Kündigung sei nach dem Vortrag der Beklagten die Verletzung der Anzeigepflicht maßgeblich gewesen. Es sei anerkannt, dass eine Kündigung wegen wiederholter Verletzung der Mitteilungspflichten regelmäßig nicht aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen würde. Der Arbeitnehmer V. habe sich am 19.09.2005 nicht von sich aus arbeitsunfähig gemeldet, sondern sei angerufen worden; auch nach Ablauf der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit habe er sich nicht unverzüglich gemeldet. Der Arbeitnehmer habe die Beklagte, weder am 26.09.2005, noch am Folgetag über die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit informiert. Ob die bestrittene Bewährungsfrist wegen Schlechtleistung ablaufen sei, sei unerheblich.

Zu den Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das vorbezeichnete Urteil Seite 4 bis 9 = Bl. 49 bis 59 d. A. Bezug genommen.

Gegen das der Klägerin am 07.06.2006 zugestellte Urteil, wurde am 06.07.2006 Berufung eingelegt, d...

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