Entscheidungsstichwort (Thema)
Diskriminierung. Entschädigungsanspruch. Nichteinstellung. Rechtsmissbrauch. Ungeeignetheit. Entschädigungsanspruch wegen diskriminierender Nichteinstellung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine unzulässige Benachteiligung i. S. des AGG kommt nur bei solchen Bewerbern und Bewerberinnen in Frage, die sich subjektiv ernsthaft beworben haben und objektiv für die zu besetzende Stelle in Betracht kommen.
2. Dem Entschädigungsanspruch (des § 15 Abs. 2 AGG) kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengesetzt werden, falls eine Bewerbung erweislich nur zum Zwecke des Erwerbs von Entschädigungsansprüchen verfolgt wird.
Normenkette
AGG § 15 Abs. 2, § 6 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 18.06.2007; Aktenzeichen 8 Ca 324/07) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 18. Juni 2007 – 8 Ca 324/07 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner vorliegend am 15. Februar 2007 zum Arbeitsgericht Ludwigshafen erhobenen Klage begehrt der Kläger eine Entschädigung wegen diskriminierender Nichteinstellung.
Die Beklagten betreiben eine internistische Gemeinschaftspraxis mit Schwerpunkten in Kardiologie und Gastroenterologie. Mit einer am 03. September 2006 in der „Z.” geschalteten Anzeige suchten sie eine Arzthelferin mit mehrjähriger Berufserfahrung in Vollzeitbeschäftigung.
Der Kläger, der in der Zeit von 2000 bis 2003 eine Ausbildung zum Krankenpfleger beim Y. absolviert hat und dort in Vollzeit mit einer Vergütung von 2.400,00 EUR brutto bei mindestens zwei Wochenenddiensten im Monat und circa 20 Nachtdiensten im Jahr beschäftigt wird, bewarb sich auf diese Anzeige, die auch bei der Bundesagentur für Arbeit mit folgender Stellenausschreibung ausgegeben war:
”Stellenbeschreibung
Vielseitige Tätigkeit in einer fachinternistischen Gemeinschafts-Praxis mit Schwerpunkten in Kardiologie/Angiologie (Herz-Kreislaus-Erkrankungen, Hochdruck) und Gastroenterologie (Magen-Darm-Erkrankungen).
Schwerpunktmäßige Mitarbeit an der Anmeldung und Terminorganisation sowie allgemeinen Patientenverwaltung. Aktive Teilnahme an der Einführung eines QM-Systems.
Assistenz bei der Durchführung von EKG, Belastungs-EKG, Langzeit-EKG, Langzeit-Blutdruck-Messung, Schrittmacher-Kontrolle, Fardoppler-Echokardiographie, Stress-Echokardiographie, Duplex-Sonographie der Venen und Arterien. „
Als Einstellungstermin war spätestens der 01. Oktober 2006 vorgesehen.
Die Beklagten stellten eine Arzthelferin mit neunjähriger Berufspraxis ein. Der Kläger erhielt eine Absage mit Schreiben vom 08. Februar 2007.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünde ein Anspruch auf Entschädigung nach den Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zu.
Er hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger eine angemessene Entschädigung nebst Zinsen jährlich hieraus in Höhe von 5 % Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen.
Die Beklagten haben
Klageabweisung
beantragt und sich auf ihr durch Artikel 1, 2, 14 GG geschütztes Recht auf freie Gestaltung ihrer Praxis und freie Auswahl ihrer Mitarbeiterinnen berufen.
Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat durch Urteil vom 18. Juni 2007 – 8 Ca 324/07 – den verfolgten Entschädigungsanspruch abgewiesen, weil eine unterschiedliche Behandlung nach § 8 Abs. 1 a AGG gerechtfertigt sei. Es sei vertretbar, wenn die beiden männlichen Beklagten insbesondere im Hinblick auf ihre weiblichen Patienten bei der Behandlung lediglich weibliche Arzthelfer heranziehen wollten. Der Zweck, weiblichen Patienten die Scheu vor Untersuchungen zu nehmen, sei rechtmäßig und die Anforderung der Beklagten auch angemessen.
Hinsichtlich der weiteren Entscheidungsgründe wird auf das vorbezeichnete Urteil (Seite 4 bis 5 = Bl. 52 bis 54 d. A.) Bezug genommen.
Gegen das dem Kläger am 05. Juli 2007 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 03. August 2007 eingelegte und am 05. Oktober 2007 begründete Berufung nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist.
Der Kläger bringt zweitinstanzlich weiter vor:
Die vom Arbeitsgericht gegebene Begründung zu einer unterschiedlichen Behandlung würde den Sinn des AGG verfehlen, da es im Ermessen des Arbeitgebers läge, offene Stellen geschlechtsspezifisch zu besetzen. Ein anerkennenswerter Grund im Sinne von § 8 AGG läge nicht vor. Untersuchungen in der Arztpraxis fänden ausschließlich in Anwesenheit des Arztes statt. Er – der Kläger – hätte die vorgesehenen Aufgaben ohne weiteres ausführen können.
Der Kläger hat zweitinstanzlich zuletzt beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 18. Juni 2007 (Az. 8 Ca 324/07) werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger eine angemessene Entschädigung nebst Zinsen jährlich hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen.
Die Beklagten haben,
Zurückweisung der Berufung
beantragt und erwidert:
Das AGG, welch...