Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzansprüche einer Arbeitnehmerin wegen angeblichen Mobbings
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber und bestimmte Vorgesetzte wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts setzt einen schwerwiegenden Eingriff voraus mit einer Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann.
2. Nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers wie Abmahnung, Versetzung oder Kündigung stellt eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers und damit eine unerlaubte Handlung oder einen Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB dar. Insbesondere sind im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, nicht geeignet, derartige Tatbestände zu erfüllen. Denn bei der Zusammenarbeit im Rahmen von Arbeitsverhältnissen kommt es typischerweise zu Konflikten und Meinungsverschiedenheiten, ohne dass die dabei zu Tage tretenden Verhaltensweisen des Arbeitgebers oder der Vorgesetzten bzw. Kollegen zwangsläufig zu einer widerrechtlichen Beeinträchtigung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers führen oder einen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht bedeuten.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, § 253 Abs. 2, §§ 280, 626 Abs. 2, § 628 Abs. 2, § 823 Abs. 1; GG Art. 1, 2 Abs. 1; ZPO § 529 Abs. 3; GG Art. 1 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 16.01.2019; Aktenzeichen 12 Ca 2037/18) |
Tenor
I.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16. Januar 2019, Az.: 12 Ca 2037/18, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
II.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten der Klägerin als Gesamtschuldner zum Ersatz materieller und immaterieller Schäden verpflichtet sind. Außerdem streiten die Klägerin und die Beklagte zu 1) über Urlaubsabgeltung.
Die Beklagte zu 1), die ihren Sitz in P. hat, produziert Gebäck, Schokolade und Pralinen. Sie beschäftigt in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Der Beklagte zu 2) ist der bei der Beklagten zu 1) seit 2009 beschäftigte "Leiter Qualitätsmanagement und Labor" Werk P., seit dem 1. Juni 2018 Leiter Qualitätsmanagement aller Werke der Beklagten. Im Betrieb der Beklagten in P.ist ein Betriebsrat eingerichtet.
Die 1979 geborene Klägerin war in der Zeit vom 9. November 2009 bis zum 15. Oktober 2018 bei der Beklagten beschäftigt als "Stellvertretende Standortleiterin QM /Labor" im Betrieb in .P.. Dem Arbeitsverhältnis lag der Arbeitsvertrag vom 26. August 2009 (Bl. 45 ff. d. A.) bzw. vom 2. Dezember 2014 (Bl. 57 ff. d. A.) zugrunde. Die Tätigkeit der Klägerin als stellvertretende Standortleiterin Qualitätsmanagement und Labor ist in den Stellenbeschreibungen vom 26. August 2009 sowie vom 4. November 2010 beschrieben. Wegen des Inhalts der Stellenbeschreibungen wird auf Bl. 52 ff. bzw. 55 f. d. A. Bezug genommen.
In der Zeit ab dem 17. Juli 2016 befand sich die Klägerin in Elternzeit, für die Zeit vom 4. September 2017 bis zum 3. September 2018 vereinbarten die Parteien Teilzeitarbeit während der Elternzeit gemäß der Vereinbarung vom 6. Juli 2017 (Bl. 65 d. A.). Ab dem 4. September sollte sie wieder in Vollzeit beschäftigt sein.
Am 27./28. März 2018 fand eine Gesprächsrunde der QM-Leitung statt, an der der Beklagte zu 2), Dr. L., F. (Abteilungsleiterin Rohstoff und Analytik), I. (verantwortlich für die Leitung strategischer Projekte), W. (Leitung Lebensmittelrecht und Spezifikation), R. (QM Leitung Werk in W.) und Wi. (QM Leitung im Werk K.) teilnahmen. Der Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig.
Mit Schreiben vom 16. April 2018 (Bl. 67 d. A.) teilte die Beklagte zu 1) der Klägerin unter dem Betreff "Abänderung Ihres Arbeitsvertrags vom 02.12.2014" mit:
"hiermit teilen wir Ihnen mit, dass sich Ihr Arbeitsvertrag vom 02.12.2014 insofern ändert, dass Sie seit dem 21.03.2018 nicht mehr die Funktion Stellvertretende Standortleitung QM/Labor in P. ausführen.
Wie mit Ihnen bereits im Rahmen des geführten Personalgesprächs am 21. März 2018 mit Frau Dr.L. und Herrn E. besprochen wurde, lautet Ihre neue Stellenbezeichnung seit dem 21.03.2018 Mitarbeiterin QM / Labor Werk P..
Im Übrigen gelten die derzeit gültigen Bestimmungen des Arbeitsvertrags vom 02.12.2014 und die Vereinbarung vom 06.07.2017 weiter."
Ferner erhielt sie ein Schreiben überschrieben mit "Befugnis" vom 16. April 2018 (Bl 68 d. A.) sowie eine Stellenbeschreibung "Mitarbeiterin QM/LA Werk P." (Bl. 69 d. A.). Der Betriebsrat wurde zuvor hierzu nicht beteiligt.
In der Zeit ab dem 17. April 2018 war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt.
In einem von der Klägerin eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Koblenz mit dem Aktenzeichen 10 Ga 20/18 (Protokoll Bl. 179 ff. d. A...