Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung. Direktionsrecht. Leitungsfunktion. Versetzung. Unbegründete Versetzung eines Bankangestellten bei tatsächlicher Festlegung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Arbeitgeberin ist nach § 106 Satz 1 GewO nicht berechtigt, einen Arbeitnehmer von der bisherigen Stelle als "Leiter Standardgeschäft Basiskunden" (mit fachlicher und disziplinarischer Unterstellung von insgesamt 38 Bankangestellten) zur Ausübung einer Tätigkeit als "Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" (mit lediglich vier bereits zuvor unterstellten Beschäftigten) zu versetzen, wenn der Arbeitnehmer seit seiner Beförderung ausschließlich die Tätigkeit als "Leiter Standardgeschäft Basiskunden" schuldet.
2. Auch wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich verpflichtet ist, "in anderen Bereichen, Teams und Service-Stellen der Bank tätig zu sein", berechtigt diese nach ihrem Inhalt und der äußeren Gestaltung vermutlich von der Arbeitgeberin vorformulierte Versetzungsklausel nicht dazu, dem Arbeitnehmer ohne vorherigen Ausspruch einer Änderungskündigung kraft Direktionsrechts einen Arbeitsplatz mit geringerwertiger Tätigkeit zuzuweisen.
Normenkette
GewO § 106
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 17.04.2012; Aktenzeichen 5 Ca 799/11) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 17. April 2012, Az.: 5 Ca 799/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung.
Der 1961 geborene Kläger ist seit 01.02.2001 bei der Beklagten als Bankangestellter zu einer Vergütung nach Tarifgruppe 8 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrages für Kreditgenossenschaften beschäftigt. Sein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt beträgt ca. EUR 4.300,00. Die Beklagte beschäftigt ca. 95 Arbeitnehmer. Im letzten schriftlichen Arbeitsvertrag vom 27.12.2005 haben die Parteien u.a. vereinbart:
"§ 1 Aufgabenbereich:
Der Mitarbeiter ist mit Wirkung vom 1. Februar 2001 als Bankangestellter angestellt.
Er ist verpflichtet, in anderen Bereichen, Teams und Service-Stellen der Bank tätig zu sein."
Bis zum 30.11.2011 wurde der Kläger als "Leiter Standardgeschäft Basiskunden" beschäftigt. Seine Aufgaben im Einzelnen sind in der Stellenbeschreibung vom 01.08.2010 (Bl. 6/7 d.A.) aufgeführt. Er unterstand direkt dem Vorstand und war Vorgesetzter von 38 Mitarbeitern, die sowohl in der Hauptstelle als auch in den Geschäftsstellen eingesetzt werden. Er war auch personalverantwortlich für die vier in der Geschäftsstelle Z.-Stadt beschäftigten Mitarbeiter. Kundenberatungen führte er nicht durch.
Die Beklagte hat ihre Organisation umstrukturiert und ab 01.12.2011 die bisherigen Unterbereiche "Individualgeschäft Privatkunden" und "Standardgeschäft Privatkunden" in einen einheitlichen Bereich "Privatkundenbank" zusammengefasst. Dadurch entfielen die bisherigen Leitungspositionen für die zwei Unterbereiche, mithin auch die bisherige Funktion des Klägers. Mit Schreiben vom 24.11.2011 versetzte die Beklagte den Kläger wegen dieser Organisationsänderung mit Wirkung ab 01.12.2011 auf die Stelle "Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" mit unveränderter Eingruppierung in Tarifgruppe 8. Hierarchisch wird der Kläger dem Bereichsleiter "Privatkundenbank" unterstellt, seine Leitungsfunktion bezieht sich auf die vier Mitarbeiter, die in der Geschäftsstelle Z.-Stadt beschäftigt sind. Der Kläger hält diese Versetzung für unwirksam.
Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 17.04.2012 (dort Seite 3-7 = Bl. 106-110 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass seine Versetzung auf die Stelle "Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" ab 01.12.2011 unwirksam ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 17.04.2012 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Zuweisung der Stelle als "Kundenberater mit Leitungsfunktion Servicestelle Z.-Stadt" sei nicht vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst. Diese Stelle sei nicht gleichwertig mit der bisherigen Stelle des Klägers als "Leiter Standardgeschäft Basiskunden". Der Kläger sei bislang disziplinarischer Vorgesetzter von 38 Mitarbeitern, dh. von nahezu der Hälfte der Beschäftigten der Beklagten, gewesen. Nunmehr soll er lediglich noch Vorgesetzter von vier Arbeitnehmern sein. Bisher sei der Kläger einer von sieben Beschäftigten gewesen, die der 2. Leitungsebene der Beklagten angehörten, in seiner neuen Funktion solle er einer von ca. 40 Mitarbeitern sein, die sich auf der 3. Leitungsebene befinden. Hierbei handele es sich nicht le...