Leitsatz (amtlich)
Bei unkündbaren Arbeitnehmern (Mantel-TV f. Arbeiter u. Angestellte-Metallindustrie Rhl.-Pf) ist der Betriebsrat so anzuhören, als wenn eine ordentliche Kündigung beabsichtigt wäre. Dies gilt auch dann, wenn eine betriebsbedingte Kündigung aus wichtigem Grund mit einer Auslauffrist erklärt werden soll.
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 13.04.1999; Aktenzeichen 7 Ca 3198/98) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied vom 13. April 1999 – AZ: 7 Ca 3198/98 – wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 17.12.1998 nicht aufgelöst wird.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 15.896,– festgesetzt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten sich über die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten, welche mit Schreiben vom 17.12.1998 (Bl. 6 d. A.) zum 30.06.1999 aus dringenden betrieblichen Erfordernissen erklärt worden ist.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der gemeinsame Manteltarifvertrag für die Arbeiter und Angestellten der Metallindustrie Rheinland-Pfalz Anwendung.
Die Beklagte hat dem Betriebsrat mit Schreiben vom 09.12.1998, wegen dessen näheren Inhaltes auf die zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 13–14, 32–33 d. A.) Bezug genommen wird, die Anhörungsunterlagen zugeleitet.
Der Kläger hat seine Kündigungsschutzklage vom 23.12.1998 im Wesentlichen damit begründet, dass er als 58-jähriger und angesichts der Dauer des Arbeitsverhältnisses, was unstreitig in anrechenbarer Form länger als 15 Jahre bestanden hat, nicht mehr kündbar sei. Das Kündigungsschutzgesetz finde zudem Anwendung und dringende betriebliche Erfordernisse bestünden nicht. Außerdem sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß vor Ausspruch der Kündigung angehört worden.
Darüber hinaus werde seine Tätigkeit als Kostenrechner bei der AGO Stahlbau GmbH durch einen neu eingestellten Mitarbeiter, Herrn Dittmann, erledigt, so dass von einem Betriebsübergang auszugehen sei und damit auch zu einem Kündigungsverbot nach § 613 a Abs. 4 Satz 1 BGB führe.
Es sei zwar richtig, dass er in einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Tochtergesellschaft, Herrn G. erklärt habe, dass er nicht zur Tochtergesellschaft AGO Stahlbau Neuwied GmbH wechseln wolle, weil diese bereits versucht habe, das mit ihm bestehende Arbeitsverhältnis durch 3 Kündigungen aufzulösen. Außerdem sei ihm die Reduzierung der Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden angeboten worden, worauf er sich habe verständlicherweise nicht einlassen wollen.
Der Kläger hat beantragt,
es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 17.12.1998 nicht aufgelöst wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Den Antrag hat sie im Wesentlichen damit begründet, dass der Umstand, dass die Aktiengesellschaft, der bisherige Arbeitgeber des Klägers, überhaupt kein Personal mehr habe, weil sie ab Januar 1999 keine Serviceleistungen mehr für die Töchter erbringe, kein Personal mehr beschäftige und die bisherigen Mitarbeiter auf die Tächterunternehmen verteilt habe.
Mit dem Kläger habe man auch ein Übernahmegespräch am 19.10.1998 geführt, wobei er die Übernahme in die AGO Stahlbau GmbH abgelehnt habe, so dass wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes eine betriebsbedingte Kündigung erklärt worden sei.
Auch die Frage, ob ein Betriebsübergang vorliege, könne dahinstehen, weil der Kläger eine Mitarbeit bei Stahlbau GmbH rundweg abgelehnt habe.
Der neu eingestellte Herr D. sei Bilanzbuchhalter, während der Kläger Kostenrechner gewesen sei und die Frage, ob er entsprechenden Kenntnisse habe, um Bilanzbuchhaltungsarbeiten zu verrichten, entsetzt verneint habe.
Der Betriebsrat sei unter dem 09.12.1998 – Eingang dort 10.12. – angehört worden und habe am 14.12.1998 mitgeteilt, die Maßnahme abschließend zur Kenntnis genommen.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 13.04.1999 die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Manteltarifvertrag, trotz vorliegens der sogenannten Unkündbarkeitsvoraussetzungen, die ausgesprochene Kündigung nicht ausschließe, sondern eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen unter Einräumung einer der ordentlichen Kündigung entsprechenden Auslauffrist zulasse.
Die Beklagte habe die Entscheidung getroffen, spätestens zum 30.06.1999 (das arbeitsgerichtliche Urteil spricht irrtümlich von 1998) jegliche Geschäftstätigkeit einzustellen, weswegen die Weiterbeschäftigung des Klägers zumindest unzumutbar sei.
Es könne offen bleiben, ob die Einzelunternehmen der sogenannten AGO-Gruppe einen einheitlichen Betrieb darstellten, weil für die Weiterbeschäftigung des Klägers auf der Grundlage einer Änderungskündigung kein Raum sei, da der Kläger in seinem Gespräch mit Herrn Györy am ...