Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratsanhörung. Interessensausgleich. Kündigung, betriebsbedingte. Massenentlassung. Namensliste. betriebsbedingte Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
§ 1 Abs. 5 KSchG ist auch dann anwendbar, wenn die Namensliste nicht im Interessenausgleich enthalten ist, sondern in einer Anlage zum Interessenausgleich. Die erforderliche Schriftform ist gewahrt, wenn sich die Einheit der Urkunde aus dem inhaltlichen Zusammenhang des Textes oder aus vergleichbaren Merkmalen zweifelsfrei ergibt (im Anschluss an BGH, Urteil vom 24.09.1997 – XII ZR 234/95).
Eine grob fehlerhafte Sozialauswahl nach § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG ist nicht anzunehmen, wenn der Arbeitgeber sich bei der Sozialauswahl, namentlich der zu berücksichtigenden Unterhaltsverpflichtungen auf die Angaben in der Lohnsteuerkarte verlässt, selbst wenn sich die dortige Angabe als nicht zutreffend erweist.
Für Kündigungen im Rahmen einer Massenentlassung im Sinne von § 17 Abs. 1 KSchG ist zumindest für die vor Erlass des Urteils des EuGH vom 27.01.2005 – Rs. C 188/03 ausgesprochenen Beendigungskündigung Vertrauensschutz für den Arbeitgeber zu gewähren (im Anschluss an LAG Köln, Urteil vom 25.02.2005 – 11 Sa 767/04).
Normenkette
BetrVG § 102; KSchG §§ 1, 17
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 08.11.2004; Aktenzeichen 8 Ca 1757/04) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 08.11.2004 – 8 Ca 1757/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 6.000,– EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die am 09.01.1958 geborene Klägerin ist seit dem 03.02.1997 bei der Beklagten als Arbeiterin beschäftigt gewesen. Die Beklagte stellt Flaschenverschlüsse für die Mineralwasser- und Süßgetränkebranche her. Am 27.01.2004 vereinbarten Geschäftsleitung und Betriebsrat den als „Betriebsvereinbarung 01/2004” bezeichneten Interessenausgleich (Bl. 21 ff. d. A.) und am 19.02.2004 den als „Betriebsvereinbarung 2/2004” bezeichneten Sozialplan. Am 16.06.2004 (oder am 17.06.2004) unterzeichnete der Zeuge und Betriebsratsvorsitzende A. die – auch von der Geschäftsleitung der Beklagten unterzeichnete – „Protokollnotiz/Zusatzvereinbarung zum Interessenausgleich vom 27.01.2004” vom 16.06.2004 (– folgend: Zusatzvereinbarung vom 16.06.2004). Mit dem Schreiben vom 28.06.2004 (Bl. 5 d. A.) kündigte die Beklagte der Klägerin zum 31.08.2004.
Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 08.11.2004 – 8 Ca 1757/04 – (dort S. 2 f. = Bl. 92 f. d. A., – wobei das dort angegebene Änderungsdatum „16. Juli 2004” allerdings richtig 16.06.2004 lauten muss). Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen das am 01.12.2004 zugestellte Urteil vom 08.11.2004 – 8 Ca 1757/04 – hat die Klägerin am 21.12.2004 Berufung eingelegt und diese am 01.03.2005 – innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist (s. dazu den Verlängerungsbeschluss vom 25.01.2005 – 5 Sa 1031/04 –, Bl. 112 d. A.) – begründet.
Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 01.03.2005 (Bl. 114 ff. d. A.) verwiesen.
Die Klägerin macht dort u.a. geltend, dass die Wirksamkeit der Kündigung bereits an der Betriebsratsanhörung scheitere. Die Beklagte habe den Betriebsrat – insoweit unstreitig – nicht darüber informiert, dass die Klägerin zwei unterhaltsberechtigte Kinder habe (nämlich die am 27.08.1986 geborene Tochter S. und den am 01.06.1988 geborenen Sohn A.). Die Beklagte habe sich (auch) im Rahmen der Betriebsratsanhörung nicht auf die Angaben in der Lohnsteuerkarte der Klägerin verlassen dürfen.
Die Klägerin macht weiter geltend:
Angesichts dessen, dass die Mitteilungen der Beklagten im Anhörungsschreiben vom 18.06.204 (s. Kopie Bl. 43 d. A.) nicht auf die konkrete Beschäftigungssituation der Klägerin eingingen und auch nicht erkennbar sei, inwieweit die in Bezug genommenen Besprechungen konkret auf die Klägerin bezogen gewesen sein sollten, sei davon auszugehen, dass der Betriebsrat auch im Übrigen anhand der pauschalen Angaben der Beklagten nicht in der Lage gewesen sei, sich ein abschließendes Bild von der Berechtigung der beabsichtigten Kündigung zu machen.
Das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe – so führt die Klägerin weiter aus – könne in Bezug auf die Kündigung weder nach § 1 Abs. 5 KSchG vermutet, noch sonst festgestellt werden. Die Klägerin bestreitet, dass das Original der Zusatzvereinbarung vom 16.06.2004 durch Heftklammer fest mit der Namensliste der zu kündigenden Mitarbeiter vom 16.06.2004 verbunden gewesen sein soll. Im Übrigen sei die Bezugnahme bereits nicht eindeutig, weil ganz offensichtlich mehrere Fassungen der Namensliste existierten.
Die Klägerin weist auf den – unstreitigen – Umstand h...