Entscheidungsstichwort (Thema)
tarifliche Übernahmeverpflichtung. Weiterbeschäftigung eines ehemaligen Auszubildenden. Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses. Zur Frage, ob durch die Tarifvereinbarung zur Beschäftigungssicherung in der rheinland-pfälzischen Metallindustrie (TV BS vom 11.03.1994) unmittelbar ein Arbeitsverhältnis begründet wird. Bestand eines Arbeitsverhältnisses
Normenkette
BGB § 145 ff., § 611
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 30.05.1995; Aktenzeichen 5 Ca 60/95 P) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des ArbG Kaiserslautern – Auswärtige Kammer Pirmasens – vom 30.05.1995 – 5 Ca 60/95 P – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger auferlegt.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den – beiderseits tarifgebundenen – Parteien bestand in der Zeit vom 01.08.1991 bis zum 31.01.1995 ein Berufsausbildungsverhältnis. Während dieser Zeit erteilte die Beklagte dem Kläger die Abmahnung vom 19.07.1994 (Bl. 61 d.A.). In einer – von der Beklagten zu Bl. 60 d.A. gereichten – „Beurteilung für Auszubildende im gewerblich/technischen Bereich” heißt es bezüglich des Klägers u.a.:
„… führt alle gestellten Aufgaben sehr langsam durch und erbringt insgesamt eine Arbeitsmenge, die weit unter dem liegt, was erwartet werden kann”.
Der Kläger hat die Abschlußprüfung bestanden; das Prüfungsergebnis wurde am 20.02.1995 bekannt gegeben. Der Kläger hat von 100 erreichbaren Punkten 65 Punkte erreicht und damit die Prüfung mit der Note 4 abgeschlossen.
Mit dem Schreiben vom 15.12.1994 erstattete die Beklagte dem Arbeitsamt für die Zeit vom 01.01.1995 bis voraussichtlich 31.03.1995 in Bezug auf die Betriebsabteilung „Fertigung” die aus Bl. 62 f d.A. ersichtliche „Anzeige über Arbeitsausfall”. Am 08.02.1995 fand – im Anschluß an die Betriebsratswahl vom 01.02.1995 – die konstituierende Sitzung des Betriebsrates statt; zuvor war der Betrieb betriebsratslos.
Am 26.01.1995 hat der Kläger der Beklagten seine Arbeitskraft angeboten; die Beklagte hat es abgelehnt, den Kläger nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses weiter zu beschäftigen. Am 08.02.1995 wurde der Beklagten die Klage zugestellt, in der der Kläger die Feststellung begehrte, „daß das Arbeitsverhältnis über den 31.01.1995 bis zum 31.07.1995 fortbesteht”.
Zur Klagebegründung berief er sich auf die „Tarifvereinbarung zur Beschäftigungssicherung” (– nach seinen Angaben vom 11.03.1993; das von der Beklagten zur Gerichtsakte gereichte Exemplar der Tarifvereinbarung datiert vom 11.03.1994).
Die fragliche Ziffer der Tarifvereinbarung zur Beschäftigungssicherung (folgend: TV BS) lautet wie folgt:
„3. Übernahme von Auszubildenden
3.1 Auszubildende werden im Grundsatz nach erfolgreich bestandener Abschlußprüfung für mindestens sechs Monate in ein Arbeitsverhältnis übernommen, soweit dem nicht personenbedingte Gründe entgegenstehen.
Der Betriebsrat ist hierüber unter Angabe der Gründe zu unterrichten.
3.2 Mit Zustimmung des Betriebsrates kann von der Verpflichtung nach Absatz 3.1 abgewichen werden, wenn das Angebot eines Arbeitsverhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme im Betrieb nicht möglich ist oder der Betrieb über seinen Bedarf hinaus Ausbildungsverträge abgeschlossen hat.”.
Absatz 5.2 TV BS lautet in Bezug auf die Laufzeit der Tarifvereinbarung:
„Sie läuft – mit Ausnahme der Ziffern 1.5 und 2.5 – bis zum 31.12.1995 aus und hat keine Nachwirkung”.
Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes wird gemäß § 543 ZPO Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des ArbG Kaisers lautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 30.05.1995 – 5 Ca 60/95 P – (dort S. 3 ff = Bl. 78 ff d.A.).
Das Arbeitsgericht hat dem im Kammertermin (s. Sitzungsniederschrift vom 30.05.1995, S. 2 oben = Bl. 74 d.A.) gestellten Feststellungsantrag stattgegeben.
Gegen das ihr am 01.09.1995 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 21.09.1995 Berufung eingelegt und diese am 19.10.1995 begründet.
In der Berufungsbegründung hält die Beklagte die Klage schon deshalb für unbegründet, weil Ziffer 3.1 TV BS nicht automatisch ein Arbeitsverhältnis zwischen dem ehemaligen Auszubildenden und dem Arbeitgeber begründe. Das Arbeitsgericht lege seiner Entscheidung aber auch im übrigen eine fehlerhafte Tarifauslegung zugrunde. Das Tatbestandsmerkmal der „personenbedingten Gründe” im Sinne der Ziffer 3.1 TV BS sei nicht im Sinne des kündigungsschutzrechtlichen Begriffes in § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu verstehen; für eine strikte Begrenzung dieses Merkmals auf den kündigungsschutzrechtlichen Begriff bestehe nach dem tariflichen Gesamt Zusammenhang sowie nach dem erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung kein Anlaß. Weiter gehe das Arbeitsgericht fehlerhafterweise davon aus, daß sich die Beklagte nicht auf ein unterdurchschnittliches Prüfungsergebnis des Klägers und auf dessen unterdurchschnittliche Leistungen im Aus...