Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmerzensgeldanspruch eines Lagerarbeiters bei Einzelbeschäftigung in Lagerhalle nach erfolgreichem Rechtsstreit gegen Arbeitgeberin
Leitsatz (redaktionell)
Ist ein Lagerarbeiter in einem schrottverarbeitenden Betrieb neben seinen Lagerarbeiten auch am Gabelstapler und an der Metallwaage beschäftigt und wird er ohne sachlich nachvollziehbare Gründe nach einem von der Arbeitgeberin verlorenen Rechtsstreit als einziger Mitarbeiter in einer ansonsten im Wesentlichen nur noch als Lagerhalle genutzten ehemaligen Metallhalle beschäftigt, in der er nunmehr ausschließlich alleine Metallteile zu sortieren hat, steht ihm aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls ein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen rechtswidriger Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu, da er die von der Arbeitgeberin eigens für ihn geschaffenen Arbeitsbedingungen, die auf eine Ausgrenzung und Schlechterstellung gegenüber seinen Arbeitskollegen gerichtet sind, zu Recht als Abstrafung und Schikane empfindet.
Normenkette
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 253 Abs. 2, § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Trier (Entscheidung vom 09.01.2013; Aktenzeichen 1 Ca 1106/12) |
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 09.01.2013 - 1 Ca 1106/12 - wird zurückgewiesen.
II.
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 09.01.2013 - 1 Ca 1106/12 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt insgesamt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.08.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz zuletzt noch über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Schmerzensgeld.
Der Kläger ist seit 1985 bei der Beklagten, einem Schrott verarbeitenden Betrieb mit etwa 400 Mitarbeitern am Standort E-Stadt (davon 80 Mitarbeiter in der Produktion), als Lagerarbeiter beschäftigt. Nach einem Arbeitsunfall im Jahr 1986 mussten ihm die Zehen und ein Teil seines rechten Fußes amputiert werden. Er hat einen Grad der Behinderung von 50.
Nachdem der Kläger bislang als Lagerarbeiter in der damaligen Metallhalle (Platz 1) einen Gabelstapler gefahren und daneben auch Tätigkeiten an der Waage sowie sonstige Lagerarbeiten ausgeführt hatte, wurde er im März 2011 von der Beklagten zur sog. Nichteisenaufbereitungsanlage versetzt und dort als Sortierer eingesetzt.
Wegen der in Folge seiner Versetzung entfallenen Prämienzahlungen hat der Kläger im Juli 2011 gegen die Beklagte Klage auf Prämienzahlung in Höhe von 215,25 EUR brutto erhoben, der vom Arbeitsgericht Trier mit - rechtskräftigem -Urteil vom 08. Dezember 2011 - 3 Ca 923/11 - mit der Begründung stattgegeben worden ist, dass sich die Versetzung des Klägers als rechtswidrig erwiesen habe, weil eine Versetzung nach dem Arbeitsvertrag der Parteien betriebsnotwendig sein müsste und die Beklagte keine betriebsbedingten Gründe vorgetragen habe.
In einem weiteren Vorprozess der Parteien vor dem Arbeitsgericht Trier (Az.: 3 Ca 63/12) hat sich der Kläger gegen die vorgenannte Versetzungsmaßnahme als solche gewandt und zuletzt beantragt, dass er zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Lagerarbeiter in der Metallhalle weiterbeschäftigt wird. Während dieses Vorprozesses fand eine betriebliche Umorganisation statt, nach der die ursprünglich in der ehemaligen Metallhalle (Platz 1) durchgeführten Arbeiten in eine separate Halle (Platz 2 = "neue" Metallhalle) auf der gegenüberliegenden Seite der E-Straße verlagert wurden. Die ursprünglich gemeinsam mit dem Kläger in der ehemaligen Metallhalle (Platz 1) beschäftigten Arbeitnehmer sind seit dieser Umorganisation in dieser "neuen" Metallhalle (Platz 2) tätig. Mit Urteil vom 10. Mai 2012 -3 Ca 63/12 -, das den Parteien am 18. Mai 2012 zugestellt worden ist, hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Lagerarbeiter in der Metallhalle weiterzubeschäftigen. Zur Begründung hat es unter Verweis auf sein vorangegangenes Urteil vom 08. Dezember 2011 darauf abgestellt, dass die im März 2011 erfolgte Versetzung des Klägers unwirksam sei, weil der Arbeitsvertrag eine Versetzung nur aus betriebsbedingten Gründen zulasse und die Beklagte solche nicht vorgetragen habe. Nach der Zustellung dieses Urteils wird der Kläger von der Beklagten seit Mai/Juni 2012 - anders als seine früheren Arbeitskollegen - nicht in der "neuen" Metallhalle (Platz 2) mit den dorthin verlagerten Arbeiten, sondern als einziger Mitarbeiter in der ehemaligen Metallhalle (Platz 1) beschäftigt, die nach der betrieblichen Umorganisation als Lagerhalle (ca. 400 qm) genutzt wird. Dort hat er nunmehr ausschließlich alleine Metallteile zu sortieren. Hierfür wird ihm unsort...