Entscheidungsstichwort (Thema)

Handyfoto keine zur Wiederaufnahme taugliche Urkunde. Vorwerfbares Verschulden bei Möglichkeit zur Einbringung des Schriftstücks schon im Ausgangsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Vorlage einer unbeglaubigten Kopie ist keine Urkunde und stellt damit keinen Wiederaufnahmegrund dar.

 

Normenkette

ZPO § 580 Nr. 7 Buchst. b), § 581 Abs. 2, § 582; ArbGG § 79 Abs. 1; ZPO § 420

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 18.06.2019; Aktenzeichen 2 Ca 6/19)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Restitutionsklägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 18. Juni 2019, Az. 2 Ca 6/19, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Der Restitutionskläger begehrt die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil beendeten Verfahrens.

Der 1959 geborene Restitutionskläger (im Folgenden: Kläger) ist seit August 1980 im Restaurant der Restitutionsbeklagten (im Folgenden: Beklagte) bzw. ihrer Rechtsvorgänger als Koch beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag haben die Parteien ua. die Geltung des Manteltarifvertrags für das Hotel- und Gaststättengewerbe Rheinland-Pfalz (MTV) vereinbart. Zur Weihnachtsgratifikation enthält der MTV folgende Regelung:

"§ 8 Weihnachtsgratifikation (Jahressonderzuwendung)

1) Anspruch

a) Alle Beschäftigten und Auszubildenden, die am 30. November des laufenden Jahres beim gleichen Arbeitgeber in ungekündigter Stellung länger als ein Jahr beschäftigt waren und während der zurückliegenden 12 Monate wenigstens 200 Tageseinsätze geleistet haben, erhalten eine Weihnachtsgratifikation in Abhängigkeit ihrer Betriebszugehörigkeit. Sind weniger Tageseinsätze geleistet, verringert sich der Anspruch entsprechend.

b) Die Weihnachtsgratifikation bemisst sich nach der Anzahl der Betriebszugehörigkeitsjahre und beträgt:

... ab dem 21. Jahr 100% des maßgeblichen Monatsentgeltes."

Im rechtskräftig abgeschlossenen Ausgangsverfahren (3 Ca 1572/17) hat der Kläger mit seiner am 28.12.2017 vor dem Arbeitsgericht Trier erhobenen Klage unter anderem die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2017 iHv. € 2.162,16 beansprucht. Er hat vorgetragen, er habe im Zwölfmonatszeitraum vom 01.12.2016 bis zum 30.11.2017 insgesamt 156 Tageseinsätze geleistet. Wegen seiner krankheitsbedingten Fehltage legte er eine Bescheinigung der AOK vom 21.07.2017 vor. Seine Forderung berechnete er wie folgt: € 2.774,00 brutto (100% Monatsentgelt) für 200 Soll-Tageseinsätze = pro Tag € 13,86 x 156 Ist-Tageseinsätze = € 2.162,16 brutto.

Das Arbeitsgericht Trier hat im Ausgangsverfahren die Klage mit Urteil vom 17.07.2018 (3 Ca 1542/17) abgewiesen und zur Begründung zusammengefasst ausgeführt, der Kläger habe nicht schlüssig dargelegt, dass er im maßgeblichen Zeitraum insgesamt 156 Tageseinsätze geleistet habe. Gegen das am 10.09.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger im Ausgangsverfahren am 09.10.2018 Berufung eingelegt (LAG Rheinland-Pfalz 5 Sa 328/18), diese jedoch nicht begründet. Auf den richterlichen Hinweis vom 15.11.2018, das beabsichtigt sei, das Rechtsmittel wegen Fristversäumnis als unzulässig zu verwerfen, hat der Kläger die Berufung am 29.11.2018 zurückgenommen. Mit Beschluss vom 27.12.2018 hat das Landesarbeitsgericht im Ausgangsverfahren ausgesprochen, dass die Rücknahme der Berufung den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge hat, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen.

Am 03.01.2019 hat der Kläger beim Arbeitsgericht die vorliegende Restitutionsklage erhoben. Er hat erstinstanzlich vorgetragen, er habe im Zeitraum vom 01.12.2016 bis zum 30.11.2017 insgesamt 145 Tageseinsätze geleistet. Daraus resultiere ein Weihnachtsgeldanspruch von € 2.009,70 brutto (€ 13,86 x 145). An den - in der Klageschrift im Einzelnen angeführten - Tagen sei er von der Beklagten im Dienstplan eingetragen und auch tatsächlich anwesend gewesen. Seine Anwesenheit habe er im Ausgangsverfahren nicht nachweisen und seinen Anspruch nicht substantiieren können, weil er keine eigenen Aufzeichnungen gefertigt habe. Die Fotokopien der Originaleinsatz- bzw. Dienstpläne, die er nunmehr vorlege, habe er erst im Dezember 2018 nach Rücknahme der Berufung im Ausgangsverfahren von einem Unbekannten erhalten. Er habe die Dokumente unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen 2018 in einem neutralen Umschlag, der nicht adressiert worden sei und keine Hinweise auf den Absender habe erkennen lassen, in seinem Briefkasten gefunden (Beweis: Parteivernahme des Klägers).

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 17.07.2018 (Az. 3 Ca 1542/17) sowie den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 27.12.2018 (Az. 5 Sa 328/18) insoweit aufzuheben, als die Klage auf Gewährung einer Weihnachtsgratifikation 2017 für den Zeitraum 01.12.2016 bis 30.11.2017 iHv. € 2.009,70 nebst Zinsen abgewiesen wurde und die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 2.009,70 nebst Zinsen iHv fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.11.2017 zu z...

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