Entscheidungsstichwort (Thema)
Stillschweigende Annahme eine stillschweigenden Angebots zur Auszahlung eines Festgehaltes anstelle vereinbarter Provisionsregelung. Unbegründete Stufenklage eines Verkaufssachbearbeiter für den Innen- und Außendienst bei langjährig geduldeter Auszahlung eines Festgehaltes
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 87c Abs. 3 HGB kann der Handelsvertreter vom Unternehmer Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für seinen Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind; die Regelung ist gemäß §§ 65, 59 HGB auf Provisionsvereinbarungen mit Handlungsgehilfen anwendbar.
2. Zahlt die Arbeitgeberin dem als Verkaufssachbearbeiter für den Innen- und Außendienst beschäftigten Arbeitnehmer nach Ablauf des ersten Jahres seiner Beschäftigung unter Erteilung entsprechender Abrechnungen monatlich ein Festgehalt in Höhe von 8.500 DM aus, obwohl aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung ab diesem Zeitpunkt eine Bruttomonatsvergütung von 5.500 DM und eine Provision in Höhe von 2 % des Netto-Umsatzes des Arbeitnehmers geschuldet ist, und wird der einheitlich ausgezahlte Betrag, der von Anfang an die ursprünglich geschuldete Grundvergütung nebst Mindestprovision erreicht hat, im Laufe der Jahre angehoben, wobei die Erhöhungen in der Regel jeweils aus Anlass tarifvertraglicher Gehaltserhöhungen erfolgen, nimmt der Arbeitnehmer das stillschweigende Angebot zur Änderung der Vergütungsabrede auf die Vereinbarung der Zahlung eines Festgehalts stillschweigend an, wenn er über einen Zeitraum von siebzehn Jahren zu keinem Zeitpunkt Provisionen verlangt, die auf der Basis eines Festgehalts erteilten Abrechnungen reklamiert oder in sonstiger Weise zu erkennen gibt, dass er mit der Zahlung eines einheitlichen Gehalts nicht einverstanden ist; ein solches Verhalten kann die Arbeitgeberin nur so verstehen, dass der Arbeitnehmer mit der im Vergleich zur ursprünglichen Vereinbarung im Arbeitsvertrag geänderten Handhabung einverstanden ist.
3. Auch wenn das Schweigen des Erklärungsempfängers gemäß § 147 BGB grundsätzlich nicht als Annahme eines Angebots gilt, darf die Arbeitgeberin erwarten, dass ein Arbeitnehmer, dem als Außendienstmitarbeiter der Unterschied zwischen provisionsbezogener Vergütung und Festgehalt bekannt sein dürfte, zu erkennen gibt, wenn er mit der dauerhaften Auszahlung eines umsatzunabhängigen einheitlichen Gehalts, das in regelmäßigen Abständen angehoben wird, nicht einverstanden ist.
Normenkette
BGB §§ 147, 280 Abs. 1 S. 1; HGB § 87c; NachwG § 2; ZPO § 254; HGB §§ 59, 65
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 15.05.2014; Aktenzeichen 2 Ca 4727/13) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15. Mai 2014 - 2 Ca 4727/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Auskunfts-, Buchauszugs- und Provisionsansprüche.
Der Kläger war seit 01. Juli 1995 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die einen Baustoffhandel betreibt, als Verkaufssachbearbeiter für den Innen- und Außendienst beschäftigt. Der zwischen den Parteien unter dem 14. März 1995 geschlossene Arbeitsvertrag (im Folgenden: AV) enthielt ua. folgende Bestimmungen:
"3.
Herr A. erhält für seine Tätigkeit folgende Vergütung:
1. 15 Monatsgehälter von DM 5.500,00 Brutto.
2. Firmenfahrzeug
3. Reisekostenerstattung nach den steuerlichen Sätzen.
4. Provision in Höhe von 2 % des Netto-Umsatzes.
5. Für das erste Jahr der Beschäftigung wird eine Mindestprovision von DM 3.000,00 monatlich gezahlt.
...
5.
Für alle Vereinbarungen, die in diesem Vertrag nicht ausdrücklich getroffen sind, gelten die gesetzlichen Bestimmungen, die Bestimmungen des jeweils gültigen Tarifvertrages sowie die Betriebsvereinbarung der R.
Mündliche Nebenabreden sind nicht getroffen, Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform."
Die Beklagte, die in ihrem Betrieb die Tarifverträge Steine und Erden (Baustoffindustrie) Rheinland-Pfalz anwendet, zahlte an den Kläger beginnend ab Juli 1995 monatlich 8.500,00 DM brutto aus. In den zugrundeliegenden Lohnabrechnungen wurde nicht zwischen Grundgehalt und Mindestprovision unterschieden, sondern eine Position "Gehalt 8.500,00 DM" abgerechnet. Auch nach Ablauf eines Jahres erfolgte keine Änderung der Vergütung und der Kläger erhielt weiterhin monatlich ein Gehalt von 8.500,00 DM brutto. Zwischen den Parteien ist streitig, ob - wie von der Beklagten behauptet - im Juli 1996 zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten A eine mündliche Vereinbarung dahingehend getroffen wurde, dass der Kläger auch zukünftig ausschließlich ein Festgehalt - damals in Höhe von 8.500,00 DM - erhalten sollte und auch zukünftig keine Provision in Höhe von 2 % des von ihm akquirierten Netto-Umsatzes gezahlt werden sollte. In der Personalakte des Klägers findet sich eine handschriftliche Notiz der Personalsachbearbeiterin K folgenden Inhalts:
"H. A.
Ab 01.07.96 neue Regelung für Provision!
S...