Entscheidungsstichwort (Thema)
Detektivkosten. Ersatzfähigkeit. Geständnis. Kosten. Schadensermittlung. Schadensersatz. Schadensschätzung. Strafurteil. Unterschlagung. Schadensersatz wegen Unterschlagung. Wirkung eines Geständnisses im Strafverfahren. Kosten der Schadensermittlung
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Rahmen eines Schadenersatzprozesses des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer wegen einer Unterschlagung bleibt es bei der Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten für die Höhe des Schadenersatzanspruchs. Die strafrechtliche Verurteilung bewirkt weder eine Beweislastumkehr noch entfaltet das Strafurteil eine Bindungswirkung für die Zivilgerichte; diese haben vielmehr die Tatbestandsvoraussetzungen des Straftatbestandes selbständig zu prüfen. Auch entfaltet ein in einem anderen Prozess abgelegtes Geständnis nicht die Wirkungen der §§ 288, 290 ZPO; es ist jedoch im Rahmen freier Beweiswürdigung nach § 286 ZPO als Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen zu berücksichtigen.
2. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber anlässlich eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Gemäß § 249 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht auf alle Aufwendungen des Geschädigten, soweit sie nach den Umständen des Falles als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die Abwehr drohender Nachteile, wenn sich insofern konkrete Verdachtsmomente ergeben. Die Grenze der Ersatzpflicht richtet sich nach dem, was ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach den Umständen des Falles zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern als erforderlich ergriffen haben würde. Es liegt nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit, dass der Arbeitgeber, der von Unkorrektheiten seines Arbeitnehmers erfährt, diesen von einer in der Ermittlungstätigkeit erfahrenen Person überwachen und überführen lässt.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1-2; StGB § 246
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 19.10.2007; Aktenzeichen 2 Ca 378/02) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.10.2007 (2 Ca 378/02) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 15.230,21 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.08.2001 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Beklagte 36 % und die Klägerin 64 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte 70 % und die Klägerin 30 % zu tragen.
4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das erstinstanzliche Verfahren auf EUR 42.472,76 und für das Berufungsverfahren auf EUR 21.494,01 festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten wegen Unterschlagung.
Die Klägerin betreibt u.a. einen Baustoff- und einen Landhandel. Im Rahmen des Landhandels beliefert sie ihre Kunden mit Heizöl und Dieselkraftstoff. Der Beklagte (geb. am 28.03.1967, ledig) war vom 01.05.1999 bis zum 13.08.2001 bei der Klägerin als Tankwagenfahrer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine fristlose Kündigung der Klägerin.
Aufgrund des Hinweises eines Nachbarn, der den Beklagten beim Abzapfen von Dieselkraftstoff aus dem Tankwagen beobachtet hatte, erlangte die Klägerin Ende Juli 2001 Kenntnis über Unterschlagungen. Sie erstattete Strafanzeige und beauftragte außerdem das Detektivbüro K. mit der Observierung des Beklagten. Am 13.08.2001 wurde der Beklagte vorläufig festgenommen. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung und andere Räume (Garage, Scheune, Werkstatt) wurden u.a. sieben Öltanks mit einem Fassungsvermögen von je 1.000 Litern, die teilweise gefüllt waren, mehrere Kanister, Pumpen und Schläuche gefunden (vgl. Durchsuchungsprotokoll, Bl. 34-37 d. Beiakte). Im Verlauf der anschließenden Beschuldigtenvernehmung räumte der Beklagte den Vorwurf der Unterschlagung von Dieselkraftstoff ein. Wegen der Einzelheiten seiner Aussage wird auf das Protokoll seiner Vernehmung vom 13.08.2001 (Bl. 22-31 d. Beiakte) verwiesen.
Das Amtsgericht Mayen hat den Beklagten mit rechtskräftigem Urteil vom 17.12.2002 (Az. 2030 Js 45009/01.3 Ls) wegen Unterschlagung in 251 rechtlich selbständigen Fällen in der Zeit vom 01.01.2001 bis zum 10.08.2001 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt. Mit Urteil vom 12.07.2005 (Bl. 116 ff d. A.) hat es den Beklagten vom Vorwurf der Unterschlagung in 278 weiteren Fällen in der Zeit von Oktober 19...