Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsgeld, Vertragsauslegung, Weihnachtsgeld. Auslegung der Vergütungsklausel eines Aufhebungsvertrages. Zahlungsklage eines Arbeitnehmers auf tarifvertragliche Sonderzahlungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Regelung eines Aufhebungsvertrages "Herr B. erhält bis zum 31.12.2011 eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 4.086,92 EUR einschließlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld, die bis zum 31.12.2011 fix ist" kann nicht dahingehend ausgelegt werden kann, dass dem Arbeitnehmer über die dort genannte monatliche Bruttovergütung von 4.086,92 EUR hinaus ein Anspruch auf Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld zustehen soll; insofern handelt es sich um eine eindeutige und nicht auslegungsbedürftige Klausel, nach deren Inhalt etwaige Urlaubs- und Weihnachtsgeldansprüche in der zugesagten Monatsvergütung enthalten sind.
2. Tarifvertragliche Ansprüche aufgrund beiderseitiger Organisationszugehörigkeit sind durch die Vergütungsklausel nicht ausgeschlossen; selbst wenn man die betreffende Klausel im Hinblick auf die Formulierung "einschließlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld" als Verzicht auf diese Ansprüche ansehen würde, erweist sich ein solcher Verzicht nach § 4 Abs. 4 TVG als unwirksam.
3. Eine wirksame und dem Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG genügende Kompensation der Urlaubs- und Weihnachtsgeldansprüche des Arbeitnehmers durch die Weiterzahlung des bereits zuvor gewährten übertariflichen Gehalts sowie durch dessen Freistellung und die Zahlung einer (hohen) Abfindung kann nicht erfolgen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; TVG § 4 Abs. 3; BGB § 611 Abs. 1; TVG § 4 Abs. 4; RTV Beton- und Bimsindustrie RP §§ 5, 12
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 22.06.2011; Aktenzeichen Ca 2066/10) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.6.2011 - 6 Ca 2066/10 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt teilweise abgeändert:
Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger 13.484,18 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
-
aus 2.240,53 EUR seit dem 16.12.2007
-
aus 2.287,58 EUR seit dem 16.12.2008
-
aus 2.335,61 EUR seit dem 16.12.2009
-
aus 2.384,66 EUR seit dem 16.12.2010
-
aus 2.456,20 EUR seit dem 16.12.2011
-
sowie aus jeweils 444,90 EUR seit dem 16.6.2008,
dem 16.6.2009, dem 16.6.2010 und dem 16.6.2011.
Die weitergehende Klage gegen die Beklagte zu 1. wird abgewiesen. Die Klage gegen die Beklagte zu 2. wird insgesamt abgewiesen.
Der Kläger hat 65% und die Beklagte zu 1. 35% der Gerichtskosten beider Instanzen zu tragen. Der Kläger hat die außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten der Beklagten zu 2. voll und 29% der außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten der Beklagten zu 1. zu tragen. Die Beklagte zu 1. hat 35% der außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten des Klägers zu tragen. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld für die Kalenderjahre 2007 - 2011.
Der Kläger war bei der Beklagten zu 1. seit dem 01.07.1979, zuletzt als Betriebsbuchhalter beschäftigt. Er war Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats. Seine monatliche Bruttovergütung belief sich zuletzt auf 4.086,92 Euro. Darüber hinaus erhielt er jeweils mit der Vergütungsabrechnung für November ein Weihnachtsgeld in Höhe von 3.241,21 Euro brutto sowie jeweils mit der Abrechnung für Mai ein Urlaubsgeld in Höhe von 684,00 Euro brutto.
Im Mai/Juni 2007 fanden zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. Gespräche bezüglich des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages statt. Im Rahmen dieser Gespräche wurde dem Kläger zunächst ein handschriftlicher Entwurf einer Aufhebungsvereinbarung vorgelegt, hinsichtlich dessen Inhalts im Einzelnen auf Blatt 24 d.A. Bezug genommen wird und der unter Ziffer 3. folgende Formulierung enthielt:
" Herr B. erhält bis zum 31.12.2011 eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 4.086,92 EUR, die bis zum 31.12.2011 fix ist".
In den folgenden Tagen fanden diverse Gespräche zwischen dem Kläger und einem ehemaligen Mitgeschäftsführer der Beklagte zu 1. statt. Im Rahmen dieser Gespräche wurde u.a. auch über die Weihnachts- und Urlaubsgeldansprüche des Klägers verhandelt. Die diesbezüglichen Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig. Unter dem 13.06.2007 unterzeichneten der Kläger sowie die beiden seinerzeitigen Geschäftsführer der Beklagten zu 1. schließlich einen Aufhebungsvertrag, der in Ziffer 3 folgende Bestimmung enthält:
" Herr B. erhält bis zum 31.12.2011 eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 4.086,92 EUR einschließlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld, die bis zum 31.12.2011 fix ist".
Wegen des Inhalts der Aufhebungsvereinbarung vom 13.06.2006 im Einzelnen wird auf Blatt 25 d.A. Bezug genommen.
In der Folgezeit wurde die Arbeitsvergütung des Klägers - ebenso wie die im Aufhebungsvertrag vereinbarte Abfindung von 130.000,00...