Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlussfrist. Beendigung. Fälligkeit. Geltendmachung. Kündigungsschutzklage. Urlaubsabgeltung. Vergleich. Urlaubsabgeltungsanspruch. Tarifvertragliche Ausschlussfrist. Fälligkeit des Anspruchs. Anforderungen an eine Geltendmachung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Anspruch auf Abgeltung des bestehenden Urlaubs entsteht auch bei über das Arbeitsverhältnis hinaus andauernder Arbeitsunfähigkeit gem. § 7 Abs. 4 BUrlG mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird sofort fällig. Er ist nicht Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern reine Geldforderung und unterliegt damit wie andere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis einzel- und tarifvertraglichen Ausschlussfristen. Das gilt auch für die Abgeltung des nach § 13 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BUrlG unabdingbaren gesetzlichen Mindesturlaubs.
2. Schließen die Parteien in einem Kündigungsschutzverfahren einen Vergleich, in dem sie sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der streitigen Kündigung verständigen, so wird ein Urlaubsabgeltungsanspruch zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nicht erst zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs fällig.
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 4; BasisTV § 28
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 15.04.2011; Aktenzeichen 8 Ca 2556/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.04.2011 – 8 Ca 2556/10 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Abgeltung von gesetzlichen Urlaubsansprüchen für den Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis 31. Mai 2010.
Die am 28. Dezember 1966 geborene Klägerin war bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen seit 1984 als Kauffrau im Eisenbahn- und Straßenverkehr gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von zuletzt 2.132,32 EUR beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden sowohl aufgrund des § 2 des zwischen der Klägerin und der DB V. GmbH unter dem 26. Juni 2002 geschlossenen Arbeitsvertrages als auch aufgrund beiderseitiger Tarifbindung die Bestimmungen des Basistarifvertrages zu den funktionsgruppenspezifischen Tarifverträgen und funktionsspezifischen Tarifverträgen verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (BasisTV), zu denen ausweislich der Anlage 1 die Beklagte gehört, Anwendung.
Die Klägerin war seit dem 27. März 2006 nicht mehr arbeitsfähig. Mit Schreiben vom 07. Oktober 2009 kündigte die Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis krankheitsbedingt zum 31. Mai 2010. Hiergegen hatte die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Mainz mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2009, der am gleichen Tag beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 30. Oktober 2009 zugestellt worden war, Kündigungsschutzklage erhoben (Az.: 1 Ca 2366/09). Im vorletzten Absatz der Klageschrift vom 26. Oktober 2009 heißt es:
„Wir machen die klägerischen Entgeltansprüche hiermit für den Fall des Annahmeverzuges geltend. Dies bezieht sich auf das entgangene Entgelt sowie sämtliche sonstige Leistungen wie Urlaub, Urlaubsentgelt, Urlaubsabgeltung, Urlaubsgeld und vermögenswirksame Leistungen. Für den Fall, dass das Verfahren über das Jahresende hinaus fortdauert, wird bereits jetzt die Übertragung der Urlaubstage auf das Folgejahr begehrt.”
Dieses vorangegangene Kündigungsschutzverfahren der Parteien war gemäß dem Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 14. Juli 2010 (Az.: 1 Ca 2366/09) gemäß § 278 Abs. 6 ZPO durch folgenden Vergleich beendet worden:
Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund krankheitsbedingter arbeitgeberseitiger Kündigung vom 07. Oktober 2009 mit Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfristen zum 31. Mai 2010 sein Ende gefunden hat.
Die Beklagte zahlt an die Klägerin rechtsähnlich den §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 20.000,– EUR (brutto).
Die Beklagte erteilt der Klägerin ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis, das als Endformulierung die übliche Dankes- und Bedauernsformel enthält.
Mit der vorliegenden Klage vom 23. Dezember 2010, die am gleichen Tag beim Arbeitsgericht Mainz eingegangen und der Beklagten am 30. Dezember 2010 zugestellt worden ist, verlangt die Klägerin die Abgeltung ihrer gesetzlichen Urlaubsansprüche für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Mai 2010. Nach ihrer mit Schriftsatz vom 4. März 2011 korrigierten Berechnung beansprucht sie eine Urlaubabgeltung in Höhe von insgesamt 8.628,40 EUR brutto für jeweils 20 Tage aus den Jahren 2006 bis 2009 und (anteilig) acht Tage aus dem Jahr 2010 (98,05 EUR brutto pro Urlaubstag × 88 Urlaubstage).
Die Klägerin hat vorgetragen, die Klageforderung sei nicht aufgrund der tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Sie habe ihre Urlaubsabgeltungsansprüche bereits in der Klageschrift im vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren der Parteien vor dem Arbeitsgericht Mainz (Az.: 1 Ca 2366/09) geltend gemacht. Im Übrigen kom...