Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an den Verfügungsgrund bei einer beantragten Leistungsverfügung. Grundsatz der Selbstwiderlegung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Erlass einer Leistungsverfügung, mit der der Schuldner schon zu einer endgültigen Erfüllung des Anspruchs des Gläubigers verurteilt wird, ist nur ausnahmsweise möglich. An den für eine solche Leistungsverfügung in Betracht kommenden Verfügungsgrund, d.h. die Abwendung wesentlicher Nachteile i.S.d. § 940 ZPO, sind besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Gläubiger muss auf die Erfüllung einer zu seinen Gunsten erlassenen einstweiligen Verfügung dringend angewiesen bzw. diese muss zur Vermeidung eines irreparablen Rechtsnachteils dringend notwendig sein.

2. Unterlässt der Verfügungskläger ein umgehendes Vorantreiben des Hauptsacheverfahrens, führt er lange Vergleichsverhandlungen oder unterlässt er schuldhaft die Vollziehung einer zu seinen Gunsten erlassenen einstweiligen Verfügung, widerlegt er selbst die Eilbedürftigkeit und Notwendigkeit der begehrten Rechtsdurchsetzung. Dieser "Grundsatz der Selbstwiderlegung" lässt den gem. §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Verfügungsgrund entfallen.

 

Normenkette

ZPO §§ 935, 940, 929 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 23.03.2021; Aktenzeichen 4 Ga 6/21)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 23.03.2021 - 4 Ga 6/21 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
  2. Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wege der einstweiligen Verfügung über die Anordnung der Verfügungsbeklagten, dass der Verfügungskläger ab dem 01.04.2021 der Rufbereitschaftsregelung der K. unterliegt.

Der Verfügungskläger ist langjährig bei der Verfügungsbeklagten als Arbeiter im Bereich der Wasserversorgung eingesetzt; zum 01.01.2021 wurde die Erledigung der Aufgaben der Wasserversorgung durch Übertragungsvertrag und Zweckvereinbarung vom Verfügungsbeklagten auf den Eifelkreis C-Stadt übertragen, der seinerseits die K. mit der Betriebsführung beauftragt hat. Dem damit verbundenen Übergang seines Arbeitsverhältnisses hat der Verfügungskläger widersprochen. Die Verfügungsbeklagte hat den Verfügungskläger daraufhin mit Schreiben vom 09.02.2021 aufgefordert, weiterhin seine geschuldete Arbeitsleistung gemäß Personalgestellungsvertrag vom 04./06.04.2017 für die K. zu erbringen. Dagegen wendet sich der Verfügungskläger mit einer vor dem Arbeitsgericht Trier erhobenen Klage. Mit dem Verfügungskläger bestand eine Rufbereitschaftsvereinbarung. Für die angeordnete ganzjährige Rufbereitschaft nach Dienstschluss sowie an Wochenenden und an Feiertagen erhielt der Verfügungskläger eine monatliche Pauschalzahlung. Die Verfügungsbeklagte hat diese Vereinbarung zum 31.03.2021 gekündigt und dem Verfügungskläger mitgeteilt, dass er ab dem 01.04.2021 in die Rufbereitschaftsregelung der K. eingegliedert sei. Dagegen wendet sich der Verfügungskläger im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Bei der K. erfolgt die Einteilung zur Rufbereitschaft nach einem Dienstplan und wird tariflich vergütet.

Hinsichtlich des weiteren Tatbestands des erstinstanzlichen Rechtszuges wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 3 ff. der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Der Verfügungskläger hat beantragt,

im Wege der einstweiligen Verfügung festzustellen, dass er im Rahmen des mit der Verfügungsbeklagten bestehenden Arbeitsverhältnisses ab 01.04.2021 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens 4 Ca 200/21 - Arbeitsgericht Trier - nicht der Rufbereitschaftsregelung der K., unterliegt.

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Verfügungsklägers daraufhin durch Urteil vom 23.03.2021 zurückgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 173 ff. d. A. Bezug genommen.

Der Verfügungskläger hat gegen das ihm am 26.03.2021 zugestellte Urteil durch am 20.04.2021 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 28.06.2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor die auf seinen begründeten Antrag vom 19.05.2021 hin durch Beschluss vom 19.05.2021 die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 28.06.2021 einschließlich verlängert worden war.

Der Kläger ist der Ansicht, die geltend gemachte einstweilige Verfügung sei zulässig und begründet, weil die Anordnung der Verfügungsbeklagten rechtsunwirksam sei.

Der Verfügungskläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 23.03.2021 im Wege der einstweiligen Verfügung festzustellen, dass der Verfügungskläger im Rahmen des mit der Verfügungsbeklagten bestehenden Arbeitsverhältnisses bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens - 4 Ca 200/21 -. Arbeitsgericht Trier - nicht der Rufbereitschaftsregelung der K., unterliegt.

Die Verfügun...

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