Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmtheit der Kündigungserklärung. Umdeutung einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine fristgemäße ordentliche Kündigung. Anforderungen an die Unterschrift beim Schriftformerfordernis für Kündigungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im Falle einer ordentlichen Kündigung genügt regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen oder tariflichen Regelungen reicht aus, wenn der Erklärungsempfänger dadurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll.

2. Gemäß § 140 BGB kann ein unwirksames Rechtsgeschäft, welches den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts entspricht (wie z.B. eine unwirksame außerordentliche Kündigung den Erfordernissen einer ordentlichen Kündigung), als letzteres gelten und damit wirksam erklärt sein, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit des unwirksamen Rechtsgeschäfts gewollt sein würde. Die Umdeutung muss nicht erklärt werden, sondern tritt kraft Gesetzes ein, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen vorliegen.

3. Die Unterschrift muss ein individuelles Schriftbild mit charakteristischen Merkmalen aufweisen und sich als eine die Identität des Unterzeichnenden ausreichende Kennzeichnung des Namens darstellen, die von Dritten nicht ohne Weiteres nachgeahmt werden kann. Es ist zwar nicht erforderlich, dass die Unterschrift lesbar ist oder einzelne Buchstaben zweifelsfrei erkennbar sind, jedoch muss ein Dritter, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, diesen noch heraus lesen können. In Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweisen, ist insoweit ein großzügiger Maßstab anzulegen, wenn die Autorenschaft gesichert ist.

 

Normenkette

BGB § 125; KSchG §§ 1, 23; BGB § 126 Abs. 1, §§ 140, 623

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 09.12.2021; Aktenzeichen 5 Ca 1692/21)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 09.12.2021 - 5 Ca 1692/21 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten (im Berufungsverfahren nur noch) darüber, ob das vormals zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat, oder aber nicht.

Der 24-jährige verheiratete Kläger war ab dem 15.03.2021 als Helfer/Produktionshelfer/Metall bei der Beklagten, einem Personaldienstleistungsunternehmen i.S.d. § 1 AÜG zu einem Bruttostundenlohn von zuletzt 11,15 EUR beschäftigt. Das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt betrug zuletzt 2.177,- EUR. Ab dem 15.03.2021 wurde er bei einem in der Automobilzulieferbranche tätigen Entleiher eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis findet nach Maßgabe des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 10 ff. d.A. Bezug genommen wird, u.a. der Manteltarifvertrag iGZ Anwendung. Die regelmäßige monatliche Arbeitszeit beträgt gemäß § 3 Nr. 3.1.1 des MTV 151,67 Stunden, also wöchentlich durchschnittlich 35 Stunden bzw. täglich 7 Stunden in einer 5-Tage-Woche. Nach § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages i.V.m. § 2 Nr. 2.2 des MTV ist für die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses eine Probezeit vereinbart, in der ab dem dritten Monat eine Kündigungsfrist von zwei Wochen gilt.

Der Kläger meldete sich bei der Beklagten am 14.05.2021 als erkrankt ab. Er blieb der Arbeit ab dem 15.05.2021 fern und legte folgende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor:

- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 14.05.2021 als Erstbescheinigung, Arbeitsunfähigkeit attestierend bis 21.05.2021 (auf Bl. 61 d.A. sowie auf den Durchgangsarztbericht, vgl. Bl. 67 d.A. wird verwiesen)

- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 21.05.2021 als Folgebescheinigung, Arbeitsunfähigkeit attestierend bis 04.06.2021 (auf Bl. 60 d.A. sowie auf den Verlaufsbericht, vgl. Bl. 69 d.A. wird verwiesen)

- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 07.06.2021 als Erstbescheinigung, Arbeitsunfähigkeit attestierend bis 14.06.2021 (auf Bl. 59 d.A. wird verwiesen)

- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 14.06.2021 als Erstbescheinigung, Arbeitsunfähigkeit attestierend bis 28.06.2021 (auf Bl. 58 d.A. wird verwiesen)

- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 28.06.2021 als Folgebescheinigung, Arbeitsunfähigkeit attestierend bis 13.07.2021 (auf Bl. 57 d.A. wird verwiesen),

Die Beklagte zahlte dem Kläger daraufhin ab dem 01.06.2021 keine Vergütung mehr, ab dem 26.06.2021 erhielt der Kläger Krankengeld. Am 02.07.2021 fand ein Personalgespräch im Betrieb der Beklagten statt. Am 05.07.2021 erhielt der Kläger zwei Briefsendungen der Beklagten. Zum einen ein mit "Abmahnung" überschriebenes Schriftstück vom 02.07.2021, in dem die Beklagte rügte, der Kläger habe einen Arbeitsunfall am 14.05.2021 vorgetäuscht; hinsichtlich des weiteren Inhalts dieses Schreibens wird auf Bl. 20 d.A. Bezug genommen. Des Weiteren ein zweites Schrei...

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