rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankheitsbedingte Kündigung. Prognose, widersprüchliche ärztliche Gutachten, spätere Entwicklung, maßgebl. Zeitpunkt für Prognose

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine krankheitsbedingte Kündigung setzt unter anderem voraus, dass bei Ausspruch der Kündigung hinsichtlich der künftigen Entwicklung einer negativen Prognose objektiv begründet ist. Dies ist der Fall, wenn eine vom Arbeitgeber veranlasste amtsärztliche Untersuchung zu dem Ergebnis kommt, dass auf nicht absehbare Zeit Arbeitsunfähigkeit bestehe und von einer dauerhaften Erwerbsunfähigkeit auszugehen sei.

Diese Prognose wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass in einem späteren um die Erwerbsunfähigkeitsrente vor dem Sozialgericht geführten Rechtsstreit ein vom Sozialgericht gehörter Gutachter zu dem Ergebnis kommt, dem Arbeitnehmer sei eine vollschichtige berufliche Tätigkeit durchaus zuzumuten.

Für die Beurteilung der Kündigung kommt es auf den Kenntnisstand des Arbeitgebers bei Zugang der Kündigung an. Ob die negative Prognose zu diesem Zeitpunkt gerechtfertigt war, ist nach den Umständen zu beurteilen, die der Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt kannte oder deren Kenntnis er sich auf zumutbare Weise hätte verschaffen können. Die spätere Entwicklung des Krankheitsverlaufs ist insoweit grundsätzlich unbeachtlich. Sie kann nur dann erheblich werden, wenn der Arbeitgeber sie voraussehen oder zumindest nicht für ganz unwahrscheinlich halten konnte.

2. Die Auskunft des Amtsarztes über die künftige Entwicklung der Fehlzeiten ist eine zuverlässige Grundlage der vom Arbeitgeber vornehmenden Prognose. Zu weiteren Ermittlungen ist er grundsätzlich nicht verpflichtet. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer selbst von seiner endgültigen Erwerbsunfähigkeit ausgeht und dies dem Arbeitgeber gegenüber zum Ausdruck bringt.

 

Normenkette

KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 03.04.2001; Aktenzeichen 8 Ca 4026/00)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.04.01 – Az.: 8 Ca 4026/00 – wird kostenfällig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

TATBESTAND

Die sechsundfünfzigjährige Klägerin ist seit Januar 1993 als Angestellte bei dem beklagten Land in dessen … Institut für schulische Fortbildung und schulpsychologische Beratung (IFB) in Teilzeit gegen ein Gehalt von zuletzt 2.000,00 DM beschäftigt. Mit der Klage wendet sie sich gegen eine ordentliche Kündigung, die das beklagte Land am 22.11.2000 zum 31.03.2001 ausgesprochen hat.

Das beklagte Land begründet die Kündigung mit krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Vergangenheit und der Besorgnis künftiger Fehlzeiten. Er stützt sich darauf, dass die Klägerin vom 24.06.1999 bis 20.05.2000 und dann wiederum vom 23.06.2000 bis über den Zugang der Kündigung hinaus arbeitsunfähig erkrankt war. Eine vom beklagten Land veranlasste amtsärztliche Untersuchung vom 29.08.2000 endet mit folgendem Ergebnis:

„Aufgrund des bestehenden Krankheitsbildes besteht auf nicht absehbare Zeit Arbeitsunfähigkeit. Eine Erwerbsunfähigkeitsrente beim zuständigen Rentenversicherer wurde beantragt und steht nach der Ablehnung im Widerspruchsverfahren.

Aus amtsärztlicher Sicht besteht dauerhafte Erwerbsunfähigkeit.”

In einem von der Klägerin um die Anerkennung ihrer Erwerbsunfähigkeit vor dem Sozialgericht geführten Rechtsstreit hat das Sozialgericht ein fachärztliches Gutachten auf dem Gebiet der Neurologie und Psychiatrie von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Kügelgen angefordert, der in seinem Gutachten vom 03.04.2001 aufgrund einer am 01.02.01 durchgeführten Untersuchung zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin sei eine vollschichtige berufliche Tätigkeit durchaus zuzumuten.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des beklagten Landes vom 22.11.2000 nicht aufgelöst worden ist.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat durch Urteil vom 03.04.2001 die Klage abgewiesen und den Streitwert auf 6.000,00 DM festgesetzt. Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543, 1 ZPO abgesehen; insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

 

Entscheidungsgründe

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I.

Die Klägerin hat ihre nach der Höhe der Beschwer an sich statthafte Berufung innerhalb der gesetzlichen Fristen formgerecht eingelegt und begründet. Das damit zwar zulässige Rechtsmittel zeitigt in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Das erkennende Gericht bezieht sich gem. § 543, 1 ZPO auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts und beschränkt sich auf die nachfolgenden, ergänzenden Anmerkungen:

1.

Das Arbeitsgeri...

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