Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung. Vertrag. Vertragsauslegung
Leitsatz (redaktionell)
Die Vereinbarung in einem Formulararbeitsvertrag wonach die Vergütungsbestimmungen KR der Anlage 1b zum BAT in Bezug genommen werden, kann dahin auszulegen sein, dass sich der Vergütungsanspruch hinsichtlich Grundvergütung, Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage nach der jeweiligen Tarifvergütung der arbeitsvertraglich festgelegten Vergütungsgruppe richtet. Unter Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB kann eine solche Verweisungsklausel eine zeitdynamische Verweisung darstellen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 23.05.2006; Aktenzeichen 3 Ca 251/06) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 23.05.2006, AZ: 3 Ca 251/06, teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin über die dieser bereits erstinstanzlich zuerkannten Geldbeträge hinaus weitere 284,00 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 71,00 EUR seit dem 01.06.2006,
aus 71,00 EUR seit dem 01.07.2006,
aus 71,00 EUR seit dem 01.08.2006
und aus 71,00 EUR seit dem 01.09.2006
zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
3. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
4. Die Klägerin hat 82 % und die Beklagte 18 % der erstinstanzlichen Kosten zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 78 % und die Beklagte 22 %.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über mehrere Zahlungsansprüche der Klägerin.
Die Klägerin ist seit dem 04.09.2000 bei der Beklagten als Altenpflegerin beschäftigt. Der zwischen den Parteien geschlossene schriftliche Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Bestimmungen:
§ 5
Der Arbeitnehmer erhält folgende Vergütung:
Vergütungsgruppe/-Stufe Kr. IV/1 |
DM 2.409,58 |
Ortszuschlag |
DM 1.030,82 |
Allgemeine Zulage |
DM 192,61 |
Freiwillige Zulage (AT) |
DM 0,00 |
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___________ |
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DM 3.633,01 |
Bei der Verrichtung von Überstunden, für Arbeiten an Sonntagen, Wochenfeiertagen und für Nachtarbeit vereinbaren die Parteien Zuschläge. Hinsichtlich deren Höhe orientieren sich die Parteien an den Beiträgen des BAT. Die Vergütungsbestandteile sind abschließend aufgeführt. Die Zahlung der Freiwilligen Zulage (AT) erfolgt freiwillig und unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs. Auch bei wiederholter Gewährung entsteht kein Anspruch.
Die Vergütung ist jeweils für den Kalendermonat zu berechnen. Spätestens zum Letzten eines Monats erhält der Arbeitnehmer den auszuzahlenden Betrag per Verrechnungsscheck oder per Überweisung auf ein vom Arbeitnehmer frühzeitig bekanntzugebendes Konto.
…
§ 14
Für die Arbeitsbedingungen im übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen DSK Gesundheitsdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr ÖTV, Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, in Kraft seit 1. Juli 1990, längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrages für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitraum gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrages. Dies betrifft dann auch § 9 dieses Arbeitsvertrages. Der Arbeitgeber hält diesen Tarifvertrag zur jederzeitigen Einsichtnahme durch den Arbeitnehmer für diesen bereit. Soweit der jeweils gültige Tarifvertrag Regelungen nicht enthält, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Außerdem gelten das Heimgesetz und die dazugehörigen Rechtsverordnungen sowie die vom Träger erlassenen Dienstanweisungen und Hausordnungen in der jeweils neuesten Fassung.
Unter dem 24.09.2004 schloss die Gewerkschaft ver.di mit der Muttergesellschaft der Beklagten, der Q. AG, u. a. einen Manteltarifvertrag, hinsichtlich dessen Bestimmungen auf Blatt 78 bis 95 d. A. Bezug genommen wird.
Zusammen mit der Arbeitsvergütung für den Monat November 2003 zahlte die Beklagte an die Klägerin einen Nettobetrag von 851,96 EUR, der in der Gehaltsabrechnung für den betreffenden Monat (Bl. 38 d. A.) als „Sonderzahlungsvorschuss” bezeichnet ist. Hinsichtlich dieses Betrages bot die Beklagte der Klägerin im Dezember 2005 den Abschluss eines Darlehensvertrages an, der die Rückzahlung des „Sonderzahlungsvorschusses” in 12 gleichbleibenden Monatsraten vorsah; zugleich sollte die Klägerin mit der Unterzeichnung des Darlehensvertrages anerkennen, dass ihr keine Ansprüche auf Gewährung einer Sonderzuwendung für das Jahr 2003 sowie auf Zahlung von Urlaubsgeld für das Jahr 2004 zustehen. Hinsichtlich des Inhalts des Vertragsentwurfes im Einzelnen, welchen die Klägerin nicht unterzeichnet hat, wird auf Blatt 39 d. A. Bezug genommen. Beginnend mit der Gehaltsabrechnung für den Monat Dezember 2005 brachte die Beklagte von der Arbeitsvergütung der Klägerin monatlich einen Nettobetrag von 71,00 EUR in Abzug.
Mit ihrer am 16.01.2006 eingereichten und mit Schriftsatz vom 03.05.2006 erweiterten Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass ihr Arbeitsvergütung nach Vergütungsgruppe AP V, ...