Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmerzensgeldanspruch bei Arbeitsunfall
Leitsatz (redaktionell)
Eine Haftung auf Schmerzensgeld trotz des Ausschlusses in § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII setzt voraus, dass der Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt wurde. Dies setzt voraus, dass nicht nur mit Wissen und Wollen die Voraussetzungen für die Gefahrenquelle eröffnet wurde, die zum Unfall führte, sondern auch die Verletzungen des Arbeitnehmers mit Wissen und Wollen herbeigeführt wurden.
Normenkette
SGB VII § 105 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 02.09.2004; Aktenzeichen 5 Ca 2094/03 KH) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 02.09.2004 – AZ: 5 Ca 2094/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, welcher bei der Beklagten zu 1) als Auszubildender für den Beruf des Malers und Lackierers beschäftigt war, wobei das Ausbildungsverhältnis bis zum 31.07.2002 laufen sollte, hat mit seiner Klage – Gerichtseingang 30.06.2003 – von der Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 2) als nach Darstellung des Klägers verantwortlicher Bauleiter Schmerzensgeld gefordert, welches er daraus ableitet, dass er am 21.05.2002 bei Arbeiten für die Beklagte zu 1) von einem nicht gesicherten Gerüst stürzte und sich dabei unter anderem den Handwurzelknochen brach.
Der Kläger hat seine Klage damit begründet, dass die Beklagten Schmerzensgeld aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung heraus zahlen müssten.
Der Kläger hat mit dem Zeugen Z. Geselle bei der Beklagten zu 1), an einer Baustelle in Gau-Algesheim, wo ein Holzgiebel gestrichen werden sollte, ein Gerüst erstellt und dieses nicht abgesichert. Die Sicherung ist deshalb unterblieben, weil die Abstände der Befestigungslöcher mit dem Gerüst nicht in Übereinstimmung zu bringen waren und man keine neuen Löcher in die Wand habe bohren können, weil der Zeuge Z. die Bohrmaschine im Betrieb vergessen habe.
Der Beklagte zu 2) ist zwischen 11:00 Uhr und 12:00 Uhr auf der Baustelle erschienen, wobei streitig ist, welche Anweisungen von ihm erteilt wurden. Am frühen Nachmittag stürzte der Kläger, als er auf dem Gerüst arbeitete, ab und zog sich u. a. einen Bruch des Handwurzelknochens zu. Der ebenfalls auf dem Gerüst arbeitende Zeuge Z. ist unverletzt geblieben.
Durch den Unfall ist das Berufsausbildungsverhältnis des Klägers um ein halbes Jahr verlängert worden, wobei der Kläger seine Ausbildung bei der Beklagten zu 1) nicht mehr aufgenommen und sich auch nicht einer ärztlich gewünschten Belastungserprobung am 07.10.2002 unterzogen hat.
Mit Teilurteil vom 18.12.2003 ist die Klage gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen worden, wobei die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 06.05.2004 (AZ: 6 Sa 53/04) kostenpflichtig zurückgewiesen worden ist.
Der Kläger hat die Klage gegen den Beklagten zu 2) im Wesentlichen damit begründet,
dass der Schmerzensgeldanspruch sich aus einer vorsätzlichen und unerlaubten Handlung des Beklagten zu 2) deshalb ergebe, weil er auf der Baustelle erschienen und den Zeugen Z. aufgefordert habe, ohne Sicherung des Gerüstes mit den Arbeiten zu beginnen, damit diese bald fertig gestellt werden könnten. Die Anordnung, ohne Sicherung zu arbeiten, stelle eine vorsätzliche Verletzung bestehender Unfallverhütungsvorschriften dar, die den Beklagen zu 2) zum Schadenersatz verpflichte.
Die erlittene Verletzung und der damit einhergehende Dauerschaden rechtfertigten ein Schmerzensgeld von 30.000,– EUR zumal der Schadensumfang nicht absehbar sei.
Der Kläger hat beantragt,
- den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gesetztes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 30.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab 16.07.2003 zu zahlen,
- festzustellen, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet sind, ihm sämtlichen aus dem Unfallereignis vom 21.05.2002 entstandenen und künftig entstehenden Schaden materieller und immaterieller Art in voller Höhe zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen seien und soweit sie nicht bereits Gegenstand des Klageantrages zu Ziffer 1. seien.
Der Beklagte zu 2) hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat seinen Antrag im Wesentlichen damit begründet,
dass er keine vorsätzliche unerlaubte Handlung begangen habe, weswegen Schmerzensgeldansprüche des Klägers ausgeschlossen seien, § 105 Abs. 1 SGB VII.
Er habe keine Anweisung gegeben, ohne Sicherung auf dem Gerüst zu arbeiten, zumal er bei Aufbruch des Klägers und des Zeugen Z. diesen gesagt habe, dass sie das aufzustellende Gerüst absichern sollten. Als er gegen 12:00 Uhr auf der Baustelle erschienen sei, seien die Arbeiten bereits zu 2/3 beendet gewesen, wobei er beanstandet habe, dass das Gerüst nur unter dem Dach festgeklemmt worden sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 2) durch das Urteil vom 02....