Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlöschen des Zeugnisanspruchs durch vergleichsweise Regelung des Zeugnisinhalts. Anspruch auf Streichung einer Schlussformel bei fehlendem Einverständnis mit der von der Arbeitgeberin gewählten Formulierung
Leitsatz (redaktionell)
1. Einigen sich die Parteien im Rahmen eines Prozessvergleichs im Wege gegenseitigen Nachgebens gemäß § 779 BGB nicht nur über die Beendigung des (gekündigten) Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung sondern auch über den Inhalt des Arbeitszeugnisses, wollen sie erkennbar das Arbeitsverhältnis abschließend bereinigen und insbesondere auch einem künftigen Rechtsstreit über den Zeugnisinhalt vorbeugen. Jede andere Auffassung ist mit der allgemeinen Handhabung eines Prozessvergleichs unvereinbar und würde den erstrebten Vergleichsfrieden von vornherein in Frage stellen.
2. Ist eine Arbeitnehmerin mit einer von der Arbeitgeberin verwendeten Schlussformel nicht einverstanden, hat sie keinen Anspruch auf Ergänzung oder Umformulierung, sondern kann ein Zeugnis ohne jeden Schlusssatz verlangen.
Normenkette
GewO §§ 109, 109 Abs. 1; BGB § 362 Abs. 1, § 779
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 10.05.2016; Aktenzeichen 9 Ca 488/16) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 10. Mai 2016, Az. 9 Ca 488/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Inhalt eines bereits erteilten Arbeitszeugnisses.
Die Klägerin war bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von € 3.300 beschäftigt. Laut Arbeitsvertrag wurde sie als Sekretärin eingestellt. Mit Datum vom 30.12.2014 erteilte ihr die Beklagte folgendes Zwischenzeugnis [Hervorh. d. Verf.]:
"Zwischenzeugnis
Frau A., geb. am 13.03.1966, wohnhaft in der A-Straße in A-Stadt, ist seit dem 01.01.2008 bei der C. als Assistentin der Geschäftsführung beschäftigt.
Die C. vertreibt Nahrungsmittel wie Suppen, Saucen, Ansatz- und Tiefkühlprodukte im Direktvertrieb an Kunden in Deutschland und Österreich. Der Kundenkreis besteht hauptsächlich aus professionellen Großverbrauchern. Das sind Großküchen in der Betriebsgastronomie oder im Care Bereich wie Anstalten, Heime, Krankenhäuser sowie in der Gastronomie, etc.
Frau A. oblag die aktive Unterstützung des Geschäftsführers Vertrieb.
Wichtige Aufgaben waren im Einzelnen wie folgt:
- Assistenz der Geschäftsleitung sowie allgemeine Sekretariatsaufgaben
- Erledigung der Korrespondenz der Geschäftsführung deutsch/englisch
- Protokollführung bei Sitzungen und Besprechungen
- Erstellung monatlicher Auswertungen/Statistiken
- Terminkontrolle von Einzelprojekten
- Administrative Unterstützung der Verkaufsleiter
- Auswertung der Verkaufswettbewerbe
- Organisation von Tagungen sowie von Messen und Ausstellungen
- Vorbereiten und Erstellen von Präsentationen
- Unterstützung des Marketingleiters
- Eigenständige Betreuung des Tiefkühl-Sortiments
- Mithilfe bei der Pflege und Aktualisierung des Internet-Auftritts
- Für ihre Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsleitung brachte Frau A. alle Voraussetzungen mit.
Frau A. erledigte die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.
Sie arbeitete sich sehr schnell in alle Arbeitsbereiche ein und konnte schon bald sehr gut eigenständige Resultate erzielen. Sie verfügt über eine sehr gute Auffassungsgabe und eine ausgezeichnete Eigenmotivation.
Die vereinbarten Vorgaben hat Frau A. stets eingehalten und oft noch übertroffen. Jederzeit ist Frau A. zudem bereit, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.
Kollegen und Vorgesetzte konnten sich stets auf sie verlassen. Wegen ihres freundlichen Wesens und ihrer kollegialen Haltung war sie bei Vorgesetzten und Mitarbeitern gleichermaßen beliebt und geschätzt.
Dieses Zwischenzeugnis wurde wegen eines Vorgesetztenwechsels auf Wunsch von Frau A. ausgestellt. Wir danken Frau A. für die bisherige gute Zusammenarbeit und wünschen uns auch zukünftig noch viel Erfolg in der weiteren Zusammenarbeit.
Mainz, den 31.12.2014
C. GmbH"
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 17.07. zum 30.09.2015 aus betriebsbedingten Gründen. Im Kündigungsschutzverfahren (Az. 1 Ca 1366/15) schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht Mainz am 07.09.2015 einen Vergleich. Sie einigten sich ua. auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung und vereinbarten in Ziff. 4 des Vergleichs folgendes:
"4. Die Beklagte erteilt der Klägerin ein wohlwollendes qualifiziertes Endzeugnis auf der Basis des bereits erteilten Zwischenzeugnisses vom 30.12.2014 mit folgenden Änderungen in der Tätigkeitsbeschreibung:
- das Führen der Korrespondenz in Englisch fällt weg
- es heißt weiterhin Mithilfe bei der Organisation von Messen und Tagungen
- im Zusammenhang mit Präsentationen heißt es "nur" Vorbereiten, das Erstellen fällt weg
- insbesondere bezüglich der Führungs- und Leistungsbeurteilung bleibt es bei der Beurteilung aus dem Zwischenzeugnis und das Endzeugnis wird eine im Verkehr übliche Schlussformulierung im Sinne ein...