Entscheidungsstichwort (Thema)

Pauschale Rechtfertigungsgründe beseitigen fristlosen Kündigungsgrund nicht

 

Leitsatz (redaktionell)

Grobe Beleidigungen sind an sich geeignet, eine fristlose Kündigung zu begründen. Denn sie stören den Betriebsfrieden erheblich.

Die Umdeutung der außerordentlichen Kündigung ist vom Gericht von Amts wegen zu prüfen.

 

Normenkette

BGB §§ 140, 241 Abs. 2, § 626; KSchG § 1; ZPO § 286; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 22.08.2018; Aktenzeichen 12 Ca 3897/17)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.8.2018 - 12 Ca 3897/17 - aufgehoben.
  2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 15.12.2017 sein Ende gefunden hat, sondern aufgrund der im Wege der Umdeutung ermittelten ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 15.12.2017 am 28.2.2018.
  3. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
  4. Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.
  5. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund außerordentlicher Kündigung der Beklagten beendet worden ist, oder aber nicht, sowie darüber, ob die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers verpflichtet ist.

Der Kläger ist seit dem 01.10.2010 bei der Beklagten zuletzt als Produktionshelfer beschäftigt. Sein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt betrug zuletzt 2.454,96 €. Die Beklagte beschäftigt in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden. Im Betrieb der Beklagten existiert kein Betriebsrat.

Am 05.09.2017 gab es auf dem Betriebsgelände der Beklagten einen Vorfall zwischen dem Kläger und seinem Arbeitskollegen, Herrn Sch.. Es gab eine Diskussion darüber, ob eine wegen Durchzug geschlossene Tür neben dem Mitarbeiter und Arbeitskollegen Sch. geöffnet werde. Der Kläger öffnete die geschlossene Tür mehrfach und betitelte den Arbeitskollegen Sch. mit Worten, deren Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Aufgrund dieses Vorfalls erhielt der Kläger am 14.09. 2017 eine schriftliche Abmahnung von der Beklagten, hinsichtlich deren Inhalts auf Bl. 37 d.A. Bezug genommen wird.

Am 13.12.2017 befanden sich der Kläger und der Arbeitskollege Herr Wladimir S. in der Werkshalle der Beklagten. Es kam zwischen dem Kläger und Herrn S. zu einer Auseinandersetzung. Darauf aufmerksam geworden näherte sich der Betriebsmeister und Zeuge G.. Er trat zwischen die Beteiligten. Im Zuge der weiteren Auseinandersetzung forderte Herr S. den Kläger dazu auf, seine Brille abzuziehen. Der Kläger tat dies und der Beteiligte S. schlug dem Kläger mit der Faust ins Gesicht, wodurch dieser ausweislich des Durchgangsarzt-Berichts, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 53 d.A. Bezug genommen wird, einen Nasenbeinbruch erlitt. Nach dem Faustschlag beschwerte sich der Kläger über das Verhalten des Mitarbeiters S.. Welche Worte er vor und nach dem Faustschlag verwendete, ist zwischen den Parteien streitig, ebenso die Dauer und Intensität der gefallenen Worte.

Der Zeuge G. forderte die Beteiligten daraufhin dazu auf, ihm aus der Werkshalle in das Büro zu folgen, um ein Personalgespräch mit der Geschäftsleitung, dem Zeugen G. und dem Zeugen R. durchzuführen. Nachdem ein Gespräch im Beisein der Beteiligten nicht möglich war, verließ der Kläger das Werksgelände, ließ sich von seiner Frau abholen und zur Notfallambulanz fahren.

Die Beklagte kündigte daraufhin das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15.12.2017, dem Kläger zugegangen am 18.12.2017, fristlos. Darüber hinaus kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 15.12.2017, dem Kläger zugegangen am 20.12.2017, nochmals fristlos. Hinsichtlich des Inhalts der wortgleichen Kündigungsschreiben wird auf Bl. 19, 20 d.A. Bezug genommen. Dem Mitarbeiter S. gegenüber wurde durch die Beklagte im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 13.12.2017 ebenfalls eine fristlose Kündigung ausgesprochen.

Mit der am 29.12.2017 eingereichten und der Beklagten am 12.01.2018 zugestellten Klage wendet sich der Kläger gegen die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger hat vorgetragen,

die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung seien nicht gegeben. ein wichtiger Grund bestehe nicht. Hinsichtlich des Vorfalls am 13.12.2017 sei der Arbeitskollege S. mit fuchtelnden Händen auf ihn zugekommen und habe ihm eine "Kopfnuss" gegen die Nase gegeben. Er habe infolgedessen unter Schock gestanden und starke Schmerzen verspürt. Auf dem Weg in das Büro habe er sich über das Verhalten des Mitarbeiters S. beschwert, wobei er sinngemäß geäußert habe, dass dieser machen könne was er wolle. Im Büro habe es einen kurzen Wortaustausch gegeben, woraufhin er den Raum verlassen habe, um sich in ärztliche Behandlung zu begeben. Der Mitarbeiter S. habe ihn schon einmal tätlich angegriffen.

Insgesamt sei kein Verhalten gegeben, das eine fristlose ...

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