Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an den Nachweis des Zugangs des Kündigungsschreibens
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist eine Zeugin, eine kaufmännische Angestellte des Arbeitgebers, eigens zu dem Zweck mitgenommen worden, um den Einwurf des Kündigungsschreibens in den Briefkasten des Arbeitnehmers bezeugen zu können, so ist davon auszugehen, dass sie ihre Beobachtungen mit Sorgfalt macht und insbesondere Hausnummern und Namen nicht verwechselt.
2. Ist bewiesen, dass ein Kündigungsschreiben in den Hausbriefkasten eines Arbeitnehmers eingeworfen worden ist, kann er als Empfänger dieser verkörperten Kündigungserklärung eine nachträgliche Klagezulassung gem. § 5 Abs. 1 S. 1 KSchG nicht allein darauf stützen, dieses Schreiben sei aus ungeklärten Gründen nicht zu seiner Kenntnis gelangt. Der Inhaber eines Hausbriefkastens muss vielmehr grundsätzlich dafür Sorge tragen und Vorsorge treffen, dass er von für ihn bestimmten Sendungen Kenntnis nehmen kann.
3. Zur Darlegung einer unverschuldeten Fristversäumnis reicht es regelmäßig nicht aus, dass sich ein Arbeitnehmer allein und pauschal darauf beruft, ein Kündigungsschreiben sei weder von ihm noch von seiner Ehefrau im Hausbriefkasten vorgefunden worden. Vielmehr muss grundsätzlich durch eine nähere Darstellung und Glaubhaftmachung auf ein naheliegender und ggfls. verschuldeter Verlust des Kündigungsschreibens in der Sphäre des Kündigungsempfängers ausgeschlossen werden. Zu einem entsprechenden Vorgang gehört deshalb zumindest die Darlegung, wer von den in Betracht kommenden Personen im fraglichen Zeitraum den Briefkasten geleert hat, ob andere Postsendungen oder Reklame sich im Briefkasten befanden und wie mit diesen verfahren wurde (BAG - 2 AZR 732/08 - 28.05.2009).
Normenkette
BGB § 130; KSchG §§ 13, 4-5, 7
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 24.06.2014; Aktenzeichen 6 Ca 14/14) |
Tenor
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 24.06.2014, Az. 6 Ca 14/14, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Tenor des Teil-Urteils wird zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
- Die Klage gegen die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 30.01.2014 wird abgewiesen.
- Der Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 30.01.2014 wird zurückgewiesen.
- Die Kostenentscheidung bleibt dem Schluss-Urteil vorbehalten.
II.
Die Revision wird nicht zugelassen.
III.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 5.076,90 festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten zweitinstanzlich über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 30.01.2014.
Der 1965 geborene, verheiratete Kläger war seit 05.01.2009 bei der Beklagten, die ca. 35 Arbeitnehmer beschäftigt, als Programmierer zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt € 4.712,00 angestellt. Die Beklagte stellte ihm einen Firmenwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung; der damit verbundene geldwerte Vorteil wurde steuerlich mit € 364,90 brutto monatlich bewertet.
Mit Schreiben vom 19.12.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.03.2014. Gegen diese Kündigung, die am 19.12.2013 in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen worden ist, hat er mit Telefax vom 09.01.2014 Kündigungsschutzklage erhoben (Antrag zu 1). Mit Schreiben vom 30.01.2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Gegen diese Kündigung wehrt sich der Kläger mit einer Klageerweiterung vom 13.03.2014 (Antrag zu 4), hilfsweise beantragt er, die Klage nachträglich zuzulassen (Antrag zu 5). Im Schriftsatz vom 22.05.2014 kündigte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten das Arbeitsverhältnis erneut fristlos. Gegen diese Kündigung wehrt sich der Kläger mit Klageerweiterung vom 27.05.2014 (Antrag zu 8). Erstmals verlangt er in diesem Schriftsatz die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht (Antrag zu 9). In einem Klageerweiterungsschriftsatz vom 08.04.2014 beantragte der Kläger außerdem, die Beklagte zu verurteilen, die "bestehende Pensionsversicherung der betrieblichen Altersvorsorge bei der Allianz-Versicherung an ihn herauszugeben" (Antrag zu 6). Ein Antrag zu 3) fehlt.
Über den Antrag auf Entfernung einer Abmahnung vom 18.12.2013 aus der Personalakte (Antrag zu 2) und den Antrag auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses (Antrag zu 7) haben die Parteien am 24.06.2014 einen Teil-Vergleich geschlossen. In dem verbundenen Rechtsstreit (Az. 6 Ca 242/14) haben sie bereits am 18.02.2014 einen Teil-Vergleich über die Herausgabe des Firmenwagens geschlossen.
In Bezug auf die fristlose Kündigung vom 30.01.2014 ist zwischen den Parteien streitig, wann das Kündigungsschreiben dem Kläger zugegangen ist. Der Kläger behauptet, er habe erstmals durch den Schriftsatz der Beklagten vom 27.02.2014, der seinem damaligen Rechtsanwalt am 04.03.2014 zugegangen sei, Kenntnis erlangt. Die Beklagte behauptet demg...