Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungsklage. Schadenersatz wegen Mobbing. Darlegungs- und Beweislast. Unbegründete Schadensersatzklage bei unsubstantiierten Darlegungen zur Schikanierung am Arbeitsplatz. Wegfall des Schadensersatzanspruches bei fristwidriger außerordentlicher Eigenkündigung des Arbeitnehmers
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus arbeitswissenschaftlicher Sicht umfasst der Begriff "Mobbing" eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz zwischen Beschäftigten oder zwischen ihnen und den Vorgesetzten, bei der die Betroffenen systematisch und oft über einen längeren Zeitraum mit dem Ziel oder dem Ergebnis des Ausstoßes aus der Gemeinschaft direkt oder indirekt angegriffen werden und dies als Diskriminierung empfinden; die zahlreich in Betracht kommenden Handlungen können darin bestehen, dass die Betroffenen tätlich angegriffen oder auch nur geringschätzig behandelt, von der Kommunikation ausgeschlossen, beleidigt oder diskriminiert werden.
2. Bei dem Begriff "Mobbing" handelt es sich nicht um einen eigenständigen juristischen Tatbestand; "Mobbing" ist weder ein Rechtsbegriff noch eine Anspruchsgrundlage und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seine Arbeitgeberin oder gegen Vorgesetzte oder Arbeitskollegen, so dass die rechtliche Einordnung der unter diesen Begriff zusammenzufassenden Verhaltensweisen ausschließlich danach zu beurteilen ist, ob diese die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rechtsvorschrift erfüllen, aus der sich die gewünschte Rechtsfolge herleiten lässt.
3. Voraussetzung für alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen sind zum einen Handlungen, die der Arbeitnehmer bei Bestreiten der Arbeitgeberin konkret darlegen und beweisen muss, und zum anderen dadurch kausal verursachte Verletzungen der Rechtsgüter des Arbeitnehmers, ein zurechenbarer Schaden und ein Verschulden der Arbeitgeberin, die insbesondere bei psychischen Gesundheitsverletzungen des Arbeitnehmers diese voraussehen können muss.
4. Wird das Arbeitsverhältnis in Folge einer außerordentlichen Kündigung aufgelöst, die durch das vertragswidrige Verhalten des anderen Teils veranlasst worden ist, kann der Kündigende gemäß § 628 Abs. 2 BGB Ersatz des von ihm durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verlangen; der Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB setzt deshalb grundsätzlich eine wirksame außerordentliche Kündigung voraus, die ihren Grund in dem schuldhaften vertragswidrigen Verhalten des anderen Vertragsteils und einen Schaden, der vom Kündigenden verursacht wird.
5. Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB ist auch die Beachtung der Zweiwochenfrist nach § 626 Abs. 2 BGB; kann ein pflichtwidriges Verhalten einer Vertragspartei nicht mehr zum Anlass einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses genommen werden kann, entfällt auch der Schadensersatzanspruch gemäß § 628 Abs. 2 BGB wegen dieses Verhaltens.
6. Im Zusammenhang mit "Mobbing" kommt es für die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB entscheidend auf die Kenntnis desjenigen Ereignisses an, das das letzte, den Kündigungsentschluss auslösende Glied in der Kette vorangegangener weiterer, in Fortsetzungszusammenhang stehender Pflichtverletzungen bildet.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, § 823 Abs. 1-2, § 611 Abs. 1, § 626 Abs. 2, § 628 Abs. 2, § 826; KSchG §§ 9, 13 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 17.11.2011; Aktenzeichen 5 Ca 480/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 17.11.2011, Az.: 5 Ca 480/11 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten Schadensersatz verlangen kann.
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.11.2008 als Verkaufsleiter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete aufgrund außerordentlicher Eigenkündigung des Klägers vom 17.08.2011. Die Parteien hatten einen schriftlichen Arbeitsvertrag am 27.08.2008 abgeschlossen, hinsichtlich dessen Inhalts auf Bl. 28 - 34 d. A. Bezug genommen wird; der Kläger erhielt ein Jahresgehalt von 54.000,00 Euro.
Unter dem 12.10.2010, 14.05.2011 und 03.06.2011 hat die Beklagte dem Kläger jeweils Abmahnungen erteilt, deren Berechtigung im vorliegenden erstinstanzlichen Rechtsstreit zunächst streitgegenständlich war.
Der Kläger hat vorgetragen,
die im gegenüber erteilten Abmahnungen seien insgesamt unberechtigt gewesen.
Am 11.05.2011 sei er von dem Zeugen B. für den 14.05.2011 um 9.00 Uhr in die Zentrale B-Stadt einbestellt worden. Als er darauf hingewiesen habe, dass dies sein freier Tag sei, sei ihm gesagt worden, wenn er für den Tag keinen Urlaub eingereicht habe, müsse er um 9.00 Uhr erscheinen. Bei dem Gespräch am 14.05.2011 sei ihm dann eröffnet worden, dass er zwar als Marktleiter bei der Beklagten weiterarbeiten k...