Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestandsstreitigkeit. fristlose Kündigung. heimliche Aufnahme. Darlegungs- und Beweislast. Mobbing. Notwehr. Personalgespräch. Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung. Heimliche Aufnahme eines Personalgesprächs. Drohung mit der Veröffentlichung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein wichtiger Grund i.S. des § 626 Abs. 1 BGB kann gegeben sein, wenn die Arbeitnehmerin ein Personalgespräch heimlich mit ihrem Mobiltelefon mitschneidet, es danach an den dem Eigentümer des Unternehmens übermittelt und dabei “droht„, den Gesprächsinhalt unter Nennung des Unternehmens der Öffentlichkeit bekannt zu geben.

 

Normenkette

BGB § 626; StGB §§ 32, 34

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 03.11.2011; Aktenzeichen 1 Ca 744/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 03.11.2011, Az.: 1 Ca 744/11 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten u. a. über die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 01. Oktober 2001 als Sekretärin und Assistentin beschäftigt. Sie hat zuletzt brutto 2.590,02 EUR/Monat verdient. Das Arbeitsverhältnis beruht auf einem schriftlich am 06. Juli 2001 abgeschlossenen Arbeitsvertrag, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 7 bis 10 d. A. Bezug genommen wird.

Die Klägerin nahm am 07. April 2011 während der Abwesenheit des Geschäftsführers Kundenanrufe entgegen und stellte sie dem zuständigen Sachbearbeiter, Herrn L., durch, ohne ihn vor der Vermittlung kontaktiert und danach befragt zu haben, ob er bereit sei, das Gespräch entgegenzunehmen. Im Betrieb der Beklagten besteht allerdings eine Regelung, Kundengespräche nur nach vorherigem Kontakt mit dem gewünschten Gesprächspartner weiterzuleiten. Herr L. nahm aufgrund der fehlenden Ankündigung an, dass es sich um Kundenanrufe handelte und nahm die Telefonate nicht entgegen. Die Klägerin informierte darüber den Geschäftsführer sowie die Herren C. und L. - beide sind Programmierer bei der Beklagten - mit E-Mail vom 07. April 2011, (Bl. 53 d.A.). Nachdem Herr L. per E-Mail vom 07. April 2011, 10.55 Uhr, die Klägerin darauf hingewiesen hatte, dass er Kundengespräche nur annehme, wenn er sich nicht gerade in einer Besprechung befinde, antwortete die Klägerin mit E-Mail vom 07. April 2011 und schrieb sodann eine weitere E-Mail am gleichen Tage an Herrn L., die sie zur Kenntnis dem Geschäftsführer sowie Herrn C. übermittelte. Hinsichtlich der Einzelheiten der E-Mails insoweit wird auf Seite 2, 3 der angefochtenen Entscheidung (=Bl. 193, 194 d. A.) Bezug genommen.

Der Geschäftsführer bat die beteiligten Personen noch an diesem Tag zu einem Personalgespräch. Die Klägerin verweigerte jedoch die Teilnahme und antwortete per E-Mail vom 07. April 2011, 13.58 Uhr, wie folgt:

"... Macht sowieso keinen Sinn, immerhin mache ich das Mobbing schon seit einem halben Jahr mit C. mit. Ich sehe da keinen Sinn mehr darin immer wieder das Gleiche zu erzählen und immer wieder das Gleiche zu erleben... (Bl. 57 d. A.)."

Nachdem der Geschäftsführer der Klägerin zu verstehen gegeben hatte, dass sie die Teilnahme an einem Personalgespräch nicht verweigern dürfe, schaltete sie den Betriebsrat ein, der sich um einen neuen Gesprächstermin bemühte; dieser wurde für den 13. April 2011 vereinbart. Die Klägerin sagte mit E-Mail vom 11. April 2011 die Teilnahme daran ab (vgl. Bl. 58 d. A.), weil das Gespräch ihrer Ansicht nach keinen Sinn mache. Nachdem der Zeuge I. sie darauf hingewiesen hatte, dass sie die Teilnahme nicht ablehnen dürfe, erklärte sie doch noch ihre Bereitschaft, an dem Gespräch teilzunehmen.

Die Klägerin versandte am 12. April 2011, eine E-Mail an die Herren F. und T. (Leiter des Bereichs IT-Service der XY GmbH & Co. KG, Geschäftsführer der E. GmbH und der F. GmbH):

"Sehr geehrter Herr F.,

aufgrund des Mobbings (mal ein Beispiel Auszug anbei, da haben meine Kollegen während meiner Arbeitszeit eine Pornoseite gebaut, mit einem Foto von mir) habe ich nun einen Anwalt hinzugefügt, das heißt, meine Zugangsdaten werden bei meiner Abwesenheit nicht weitergegeben.

Vielen Dank" (Bl. 60 d. A.).

Am 01. April 2004 hatten Mitarbeiter der Beklagten eine Internetseite mit dem Titel "Girls" geschaffen, auf der ein Portraitfoto der Klägerin zu sehen war. Beim Anklicken dieses Bildes erschien auf dem Bildschirm eine nackte weibliche Person in Rückenansicht. Die Klägerin wirkte an der Gestaltung dieser Internetseite nicht mit. Bei der von der Klägerin in der zuvor angesprochenen "Pornoseite" handelt es sich um die dort in Bezug genommene Internetseite vom 01. April 2004.

Die Klägerin nahm in dem Personalgespräch am 13. April 2011 die ihr gegenüber erhobenen Vorwürfe zur Kenntnis, ohne sich dazu zu erklären. Die von ihr zuvor erhobenen Mobbingvorwürfe konkretisierte sie auch auf Nachfrage nicht. Sie wurde deshalb unter Fortzahlung der Vergütung von der Verpflichtung zur Erb...

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