Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung bei Übernahme der Aufgaben durch die Geschäftsführer. Darlegungs- und Beweislast der Parteien zu den betrieblichen Erfordernissen der Kündigung bei Wegfall eines einzelnen Arbeitsplatzes
Leitsatz (redaktionell)
1. Betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 KSchG liegen dann vor, wenn Umstände aus dem wirtschaftlichen oder betriebstechnischen Bereich dazu führen, dass die betriebliche Arbeitsmenge so zurückgeht, dass der Beschäftigungsbedarf für einzelne oder mehrere Beschäftigte entfällt; erforderlich ist eine konkrete Auswirkung auf die Einsatzmöglichkeit der gekündigten Arbeitnehmerin.
2. An einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 KSchG fehlt es, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs führen.
3. Ist der Rückgang der Beschäftigungsmöglichkeit unmittelbar auf einen organisatorischen Entschluss der Arbeitgeber zurückzuführen (etwa die ersatzlose Streichung einer Stelle), muss die Arbeitgeberin substantiiert den Inhalt ihres Entschlusses, dessen praktische Umsetzung und dessen zahlenmäßige Auswirkungen auf die Beschäftigungsmöglichkeit darlegen.
4. Die Arbeitnehmerin hat darzulegen und zu beweisen, dass die fragliche innerbetriebliche Maßnahme (etwa eine Rationalisierungsmaßnahme) offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist, wobei aber gegebenenfalls die Erleichterung des Anscheinsbeweis in Betracht kommt; denn insoweit spricht für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist.
5. Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus, sind gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen.
6. Ist die unternehmerische Entscheidung verbunden mit einer Neuverteilung der der betroffenen Arbeitnehmerin bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz der betroffenen Arbeitnehmerin tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist; die Arbeitgeberin muss insbesondere konkret darlegen, in welchem Umfang die bisher von der Arbeitnehmerin ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen und aufgrund der unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erbracht werden können.
7. Haben die Geschäftsführer der Arbeitgeberin beschlossen, aus Gründen der Kosteneinsparung die Stelle der Arbeitnehmerin ersatzlos wegfallen zu lassen und die Arbeit nicht auf andere Beschäftigte zu verteilen sondern sämtliche Aufgaben und damit auch ihrer Tätigkeiten selbst zu übernehmen, und wurden nach dem Ausscheiden der betroffenen Arbeitnehmerin sämtliche Büroarbeiten auch tatsächlich von den beiden Geschäftsführern erledigt, ohne das dies zu überobligationsmäßigen Anstrengungen der verbliebenen Beschäftigten geführt hat, ist die Kündigung aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3; ZPO § 138 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 08.01.2013; Aktenzeichen 1 Ca 235/12) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 08.01.2013 - 1 Ca 235/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat, oder aber nicht.
Die Klägerin war vom 02.03.1998 bis zum 28.02.2003 und danach wieder ab dem 14.04.2003 bei der "P. GmbH" beschäftigt. Dieser Betrieb wurde zum 01.01.2012 von der nunmehrigen Beklagten im Wege eines Betriebsübergangs übernommen. Das Bruttoeinkommen der Klägerin betrug zuletzt 3.380,87 EUR.
Die Beklagte, in deren Betrieb regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden vollzeittätig beschäftigt sind, wurde im Spätjahr 2011 gegründet. Gesellschafter der Beklagten sind deren Geschäftsführer, die Herren J. B. und . Herr B. war bei der "P. GmbH" seit 2006 zunächst als Dachdeckergeselle, ab 2007 als Vorarbeiter und schließlich ab 2011 als Meister, Herr R. seit 2007 als Meister beschäftigt. Beide waren bei der "P. GmbH" ganz überwiegend als mitarbeitende Meister auf Baustellen tätig. Die Beklagte hat drei neue Fachhelfer eingestellt, die allein auf Baustellen eingesetzt werden.
Zu den Aufgaben der Klägerin gehörten im Wesentlichen das Erstellen von Bauabrechnungen, das Anlegen und die Pflege der Kunden- und Lieferantendaten, die Durchführung von Preisanfragen, die Vorb...