Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsverhältnis eines Fitnesstrainers und Servicebetreuers bei Eingliederung in den Betriebsablauf eines Fitness-Centers
Leitsatz (amtlich)
Ein Fitnesstrainer und Servicebetreuer, der im Rahmen seiner Tätigkeit in die Betriebsorganisation eines Fitness-Centers eingegliedert ist, ist kein freier Mitarbeiter, sondern Arbeitnehmer.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1; HGB § 84 Abs. 1-2; BGB § 242; ZPO § 256 Abs. 1; HGB § 84 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 08.05.2013; Aktenzeichen 4 Ca 3880/12) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 8. Mai 2013, Az. 4 Ca 3880/12, wird mit folgender Maßgabe zurückgewiesen:
Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien seit 01.11.2007 zumindest bis zum 31.07.2013 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers.
Die Beklagte betreibt in einer Ortsgemeinde im Westerwald ein Fitness-Center in der Rechtsform einer Limited Liability Company nach englischem Recht. Der Kläger (geb. 1980, verh., zwei Kinder) war in diesem Fitness-Center zunächst beim vorherigen Inhaber - seit 01.11.2007 bei dem Beklagten - als Fitnesstrainer und Servicebetreuer tätig. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht geschlossen.
Das Fitness-Center ist montags bis freitags von 08:00 bis 22:30 Uhr, samstags von 11:00 bis 18:00 Uhr und sonntags von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. Um diese Öffnungszeiten abzudecken, setzt die Beklagte ihr Personal im Dreischichtsystem ein. Der Kläger wurde in der Regel dienstags und freitags in der Schicht von 17:00 bis 22:30 Uhr und sonntags von 09:30 bis 17:00 Uhr eingesetzt. Die Beklagte beschäftigt nach ihren Angaben derzeit 18 Minijobber und 2 "freiberuflich" tätige Fitnesstrainer.
Der Kläger ist Student an der Fernuniversität Hagen im Studiengang Volkswirtschaft. Er ist ausgebildeter Fitnessfachwirt (IHK). Neben seiner Tätigkeit für die Beklagte ist und war er auf Rechnung auch für andere Auftraggeber tätig, nämlich:
Sporthotel L. von April bis Sept. 2012
Fitness-Shop (Fa. W. K. GmbH)
B. Koblenz
Outdoorteam W.
Fitnesspark L. seit Nov. 2012
Der Kläger erstellte der Beklagten für die von ihm geleisteten Stunden monatlich formale Rechnungen unter Angabe der ihm zugeteilten Steuernummer und ausdrücklichem Umsatzsteuernachweis. Sein Stundensatz betrug zuletzt EUR 17,00 netto. Er erzielte durch seine Tätigkeit bei der Beklagten folgende Einkünfte:
Jahr 2008 |
EUR 9.103,50 |
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Jahr 2009 |
EUR 7.568,40 |
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Jahr 2010 |
EUR 12.914,78 |
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Jahr 2011 |
EUR 16.423,17 |
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Jahr 2012 (bis Sept.) |
EUR 8.271,34 |
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Mit Klageschrift vom 22.10.2012 hat der Kläger das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geltend gemacht und vorgetragen, der geschäftsführende Direktor der Beklagten habe ihm am 17.09.2012 mitgeteilt, dass ein neuer Mitarbeiter seinen Dienst übernehmen werde. Nach dieser mündlichen "Kündigung" habe er nichts mehr von der Beklagten gehört. Vor Klageerhebung hatte der Kläger mit Rechnung vom 11.10.2012 (Bl. 94 d.A.) von der Beklagten vergebens die Zahlung einer Abfindung (für 6 Jhr. und 7 Mon.) iHv. EUR 2.400,00 zzgl. Umsatzsteuer verlangt. Der Kläger meint, seine Vertragsbeziehung zur Beklagten erfülle die Voraussetzungen eines Arbeitsverhältnisses.
Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.05.2013 (dort Seite 2-6) Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis fortbesteht,
den Auflösungsantrag der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Fall, dass dem Kündigungsschutzantrag stattgegeben wird, ein etwa bestehendes Arbeitsverhältnis gemäß §§ 9, 10 KSchG aufzulösen.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 08.05.2013 der Klage stattgegeben und den Auflösungsantrag zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 6 bis 12 des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Nach Zustellung des Urteils hat die Beklagte mit Schreiben vom 04.06.2013 das -nach Auffassung des Arbeitsgerichts bestehende Arbeitsverhältnis - ordentlich zum 31.07.2013 gekündigt. Wegen der Wirksamkeit dieser Kündigung ist vor dem Arbeitsgericht Koblenz der Rechtsstreit 4 Ca 2126/13 anhängig. Der Kläger hat deshalb die vorliegende Klage in zweiter Instanz geändert und beantragt nunmehr,
festzustellen, dass zwischen den Parteien seit 01.11.2007 zumindest bis zum 31.07.2013 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Gegen das am 27.05.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 06.06.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz teilweise Berufung eingelegt und diese mit am Montag, dem 08.07.2013, eingegangenem Schrifts...