Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftsanspruch. Betriebsratsanhörung. Bestreiten der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung mit Nichtwissen

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Arbeitnehmer, der sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung beruft, hat zunächst vorzutragen, dass ein Betriebsrat besteht und deshalb nach § 102 Abs. 1 BetrVG vor Ausspruch einer Kündigung dessen Anhörung erforderlich war. Dann obliegt es dem Arbeitgeber darzulegen, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist. Nach erfolgtem Vortrag des Arbeitgebers zur Anhörung darf sich der Arbeitnehmer dann nicht mehr darauf beschränken, die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung pauschal mit Nichtwissen zu bestreiten.

 

Normenkette

BetrVG § 102; BGB § 242; ZPO § 138 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 05.04.2007; Aktenzeichen 4 Ca 14/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 05.04.2007 – Az: 4 Ca 14/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung sowie einen Auskunftsanspruch der Klägerin über geleistete Arbeitsstunden.

Von einer wiederholten Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 05.04.2007 (dort Seite 2 bis 6 = Bl. 76 bis 80 d A.) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 21.05.2007 (Bl. 97 bis 98 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 20.12.2006, am 20.12.2006 zugegangen, nicht aufgelöst worden ist;
  2. für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu den in dem Arbeitsvertrag geregelten Arbeitsbedingungen als Schichtführerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung weiter zu beschäftigen;
  3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über die von ihr seit dem 01.01.2005 erbrachten Überstunden und deren Verrechnung zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 05.04.2007 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung vom 20.12.2006 sei durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Durch die im Oktober 2006 getroffene unternehmerische Entscheidung, den Betriebsteil, der bislang Flaschenverschlüsse aus Aluminium hergestellt habe, stillzulegen und die zwischenzeitliche Veräußerung des Geschäftsbereichs Aluminium mit Wirkung zum 01.01.2007 seien 82 Arbeitsplätze in Wegfall geraten. Soweit sich die Beklagte in § 2 des Zukunfts-, Beschäftigungssicherungs- und Standortsicherungs-Tarifvertrag vom 11.04.2005 verpflichtet habe, auf betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31.12.2007 bzw. 31.12.2010 zu verzichten, sei diese tarifvertragliche Verpflichtung in Wegfall geraten, in dem die Beklagte von der in § 2 Abs. 3 des Tarifvertrages enthaltenen Öffnungsklausel Gebrauch gemacht habe. Der daraufhin am 30.11.2006 zustande gekommene Sanierungs-Tarifvertrag habe der Beklagten die Möglichkeit eingeräumt, in dem zeitlichen Fenster vom 29.11.2006 bis 31.12.2006 betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Eine ordnungsgemäße Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG sei durchgeführt worden. Die Sozialauswahl habe nicht auf die Schichtführer im Bereich der Kunststoffproduktion erstreckt werden müssen, da sich eine tätigkeitsbezogene Vergleichbarkeit der Schichtführer im Bereich Aluminium mit demjenigen im Bereich Kunststoff nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht ergeben habe. Nach Vernehmung des Zeugen A. stehe fest, dass eine Einarbeitung auf die Position des Schichtführers in der Kunststoffproduktion nicht innerhalb eines Zeitraums von bis zu 3 Monaten vonstatten gehen könne. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß unter Mitteilung der Sozialdaten, des betriebsbedingten Kündigungsgrundes und der Erwägungen zur Sozialauswahl zur beabsichtigten Kündigung gemäß § 102 BetrVG angehört worden. Soweit die Klägerin bestritten habe, dass das Anhörungsschreiben vom 08.12.2006 dem Betriebsrat vorgelegt worden sei, sei der Einwand nicht weiterzuverfolgen, da es sich um ein Bestreiten „ins Blaue hinein” handele. Konkrete Anhaltspunkte für diesen Einwand seien nicht dargelegt worden. Da für die Unterrichtungspflicht der Grundsatz der subjektiven Determinierung gelte, sei die Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen, den Betriebsrat über die 5-monatige Tätigkeit der Klägerin im Bereich der Kunststoffproduktion zu unterrichten.

Da die Klägerin mit ihrer Kündigungsschutzklage nicht obsiegt habe, habe der unechte Hilfsantrag gerichtet auf Weiterbeschäftigung nicht mehr zur Entscheidung angestanden.

Ein Auskunftsanspruch bezüglich der von der Klägerin geleisteten Überstund...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge