Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Arbeitnehmers auf Zustimmung der Arbeitgeberin zur Auszahlung der Versicherungsleistung aus einer zugunsten des als Kraftfahrer beschäftigten Arbeitnehmers abgeschlossenen Gruppenunfallversicherung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer Fremdversicherung stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag materiell dem Versicherten zu (§ 44 Abs. 1 Satz 1 VVG). Die Versicherungsnehmerin ist nur formelle Trägerin der Versicherungsrechte (§ 45 VVG).
2. Besteht zwischen Versichertem und Versicherungsnehmerin einer Fremdversicherung ein Arbeitsverhältnis, ist die Arbeitgeberin verpflichtet, eine Versicherungszahlung an den versicherten Arbeitnehmer auszukehren. Aufgrund der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin darf sie einen Geldbetrag nicht behalten, auf den nach den Vorschriften des Versicherungsvertragsrechts allein der Arbeitnehmer als Gefahrperson Anspruch erheben kann.
Normenkette
BGB §§ 157, 242; VVG § 179 Abs. 1-2, §§ 44-45; BGB § 241 Abs. 2, § 611a
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 27.04.2017; Aktenzeichen 5 Ca 393/16) |
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 27.04.2017 - 5 Ca 393/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, wer zur Erklärung der Zustimmung zur Auszahlung einer hinterlegten Invaliditätsleistung in Höhe von 105.000,00 EUR verpflichtet ist.
Der 1954 geborene Kläger war aufgrund Arbeitsvertrags vom 27. Juni 2013 (Bl. 32 - 38 d. A.) seit 01. Juli 2013 bei der Beklagten als Fahrer eines LKW-Silozuges beschäftigt.
Am 02. August 2014 erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall und war seitdem arbeitsunfähig erkrankt.
Der Kläger war - wie alle ArbeitnZ der Beklagten - aufgrund einer von der Beklagten abgeschlossenen Gruppenunfallversicherung unfallversichert. Der hierzu von der Beklagten abgeschlossene Versicherungsvertrag bei der KRAVAG-SACH Versicherung des Deutschen Kraftverkehrs VaG (Gruppenunfallversicherung Nr. 000000000) umfasste den Kläger als versicherte Person.
Wegen seines Arbeitsunfalls vom 02. August 2014 meldete der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 01. Dezember 2014 (Bl. 46, 47 d. A.) den Schadensfall der Versicherung mit dem Antrag, seine Ansprüche aus dem Unfallversicherungsvertrag dem Grunde nach anzuerkennen und die zur Ermittlung des Anspruchs erforderlichen Maßnahmen - Begutachtung - einzuleiten.
In dem vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - unter dem Aktenzeichen 5 Ca 935/15 geführten Kündigungsschutzverfahren ist zwischen den Parteien gemäß Beschluss vom 28. Dezember 2015 (Bl. 41 - 45 d. A.) ein Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen worden, der u.a. folgende Regelungen enthält:
1. Die Parteien sind sich einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche betriebsbedingte Kündigung vom 26.11.2015 unter Beachtung der geltenden Kündigungsfrist zum 31.12.2015 ("Beendigungsdatum") enden wird.
2. Die Parteien gehen davon aus, dass der Kläger bis zum Beendigungstermin arbeitsunfähig erkrankt sein wird. Sollte gleichwohl die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt sein, wird das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungsdatum auf Basis eines Bruttomonatsgehalts in Höhe von EUR 2.600,00 ordnungsgemäß abgerechnet und die sich hieraus ergebenden Nettobeträge an den Kläger zur Auszahlung gebracht werden.
3. Die Beklagte zahlt an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung nach §§ 9, 10 KSchG in Höhe von EUR 8.500,00 brutto. Der Abfindungsanspruch ist mit Protokollierung dieses Vergleichs entstanden und vererblich und zum Beendigungsdatum zur Zahlung fällig.
(...)
9. Mit Protokollierung dieses Vergleichs sind mit Ausnahme der sich aus diesem Vergleich ergebenden Ansprüche alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis oder im Zusammenhang mit dessen Beendigung sowie auch aus sonstigen Rechtsgründen, gleich welcher Art abgegolten und erledigt.
Dieser Vergleich verliert durch eine Veränderung betrieblicher Umstände nach seinem Abschluss nicht seine Gültigkeit. Der Kläger verzichtet insbesondere auf einen eventuell zukünftig entstehenden Wiedereinstellungsanspruch.
10. Die Parteien sind sich ferner einig, dass darüber hinausgehende Vergütungsbestandteile, insbesondere auf Weihnachts- oder Urlaubsgeld nicht bestehen. Der Kläger verzichtet ausdrücklich auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, insbesondere solcher, die im Rechtsstreit AZ 5 Ca 871/15 geltend gemacht worden sind.
11. Mit diesem Vergleich ist der vorliegende Rechtsstreit, sowie die vor dem Arbeitsgericht Landau unter den Az.: 5 Ca 871/15 und 5 Ca 870/15 anhängigen Rechtsstreite erledigt.
12. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben."
Mit Schreiben vom 28. Januar 2016 (Bl. 5, 6 d. A.) teilte die Versicherung dem Kläger mit, dass nach dem ihr vorliegenden Gutachten eine Invalidi...