Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung. Befristung. Formulararbeitsvertrag. Kündbarkeit, ordentliche. Unklarheitenregel. Einzelvertragliche Vereinbarung zur ordentlichen Kündbarkeit des befristeten Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Enthält ein Formulararbeitsvertrag die Regelung, das Arbeitsverhältnis sei "gemäß den gesetzlichen Regelungen kündbar", ist in der Regel davon auszugehen, dass die Parteien die ordentliche Kündbarkeit des befristeten Arbeitsverhältnisses einzelvertraglich im Sinne des § 15 Abs. 3 TzBfG vereinbart haben.
Normenkette
TzBfG § 15 Abs. 3; BGB § 305 Abs. 1 S. 1, § 305c Abs. 2, § 611 Abs. 1, § 622 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 29.08.2012; Aktenzeichen 4 Ca 1530/12) |
Tenor
1.
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 18. Juli 2012, zugegangen am 19. Juli 2012, nicht vor dem 31. August 2012 sein Ende gefunden hat.
2.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 5/6, die Beklagte zu 1/6 zu tragen.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Frage der ordentlichen Kündbarkeit eines befristeten Arbeitsverhältnisses.
Die Klägerin wurde von der Beklagten beginnend ab 01. Februar 2012 zu einer Bruttomonatsvergütung von 825,00 Euro als zusätzliche Betreuungskraft gemäß § 87 b SGB XI in der von der Beklagten betriebenen Altenpflegeeinrichtung P S Residenz A in A-Stadt eingestellt. Das Beschäftigungsverhältnis richtete sich nach den Regelungen einer von beiden Parteien unterzeichneten sog. Maßnahmezusage vom 21./ 23. Dezember 2011 (Bl. 7 d. A.) folgenden Inhaltes:
"1. Der Maßnahmenehmer wird mit Wirkung vom 01.02.2012 als Zusätzliche Betreuungskraft gem. § 87 b SGB XI beschäftigt.
2. Die Maßnahme ist befristet, sie endet mit Ablauf des 31.01.2013, ohne dass es einer ausdrücklichen Kündigung bedarf. Die Maßnahme ist gemäß den gesetzlichen Regelungen kündbar.
Eine weitere Maßnahme muss in jedem Fall schriftlich neu vereinbart werden.
3. Im Betrieb, in dem die Maßnahme durchgeführt wird, beträgt die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden pro Woche. Der Maßnahmeumfang beträgt 50,00 % dieser betriebsüblichen Arbeitszeit. Dies entspricht 20,00 Stunden pro Woche.
4. Es wird davon ausgegangen, dass die Maßnahme der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Dies vorausgesetzt wird ein Bruttoentgelt in Höhe von monatlich 825,00 Euro gewährt.
5. Im Betrieb, in dem die Maßnahme durchgeführt wird, wird den Beschäftigten grundsätzlich 26 Tage Erholungsurlaub im Kalenderjahr (bezogen auf die 5-Tage-Woche) gewährt. Dem Maßnahmenehmer wird entsprechend an 26 Tagen eine Freistellung gewährt."
..."
Die Beklagte kündigte das Beschäftigungsverhältnis mit Schreiben vom 18. Juli 2012 (Bl. 8 d. A.) zum 15. August 2012. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit ihrer per Faxschriftsatz vom gleichen Tag am 07. August 2012 beim Arbeitsgericht erhobenen Feststellungsklage und begehrte zugleich die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis auch durch andere Beendigungstatbestände als die streitgegenständliche Kündigung nicht beendet worden ist, sondern unverändert fortbesteht.
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis sei ordentlich unkündbar. Nach den gesetzlichen Regelungen des Teilzeitbefristungsgesetzes (§ 15 Abs. 3 TzBfG) sei eine ordentliche Kündigung während der Dauer einer Befristung ausgeschlossen, soweit keine abweichende Vereinbarung getroffen sei. Eine derartige Abrede sei vorliegend weder ausdrücklich vereinbart worden, noch sei der dahingehende beiderseitige Wille aus den Umständen eindeutig erkennbar. Im Formulararbeitsvertrag finde ein Verweis auf die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ebenso wenig statt, wie auf die ordentlichen Kündigungsfristen für Arbeitsverhältnisse (§ 622 BGB). Auch sei eine Probezeit nicht vereinbart worden. Die Klägerin hat vorgetragen, auf ihre ausdrückliche Frage bei Abschluss des Arbeitsvertrages nach einer Probezeit sei die Vereinbarung einer solchen verneint worden, es sei ihr gesagt worden, es handele um eine befristete Maßnahme, die am 31.01.2013 ende, aber nach Ablauf durchaus auch verlängert werden könne. Bei Anlegung des Prüfungsmaßstabes im Rahmen einer AGB-Kontrolle könne man zu keinem anderen Ergebnis kommen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 18.07.2012, zugegangen am 19.07.2012, zum 15.08.2012 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen über den 15.08.2012 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, das Maßnahmeverhältnis sei aufgrund unzureichender Leistungen der Klägerin innerhalb der erste...