Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung wegen eigenmächtiger Urlaubsnahme. Interessenabwägung. wichtiger Grund
Leitsatz (amtlich)
Je nach Umständen des Einzelfalles kann auch bei einer eigenmächtigen Urlaubsnahme nicht die außerordentliche, vielmehr nur eine ordentliche Kündigung als angemessene und ausreichende Maßnahme in Betracht kommen.
Normenkette
KSchG § 1; BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Trier (Urteil vom 08.08.2001; Aktenzeichen 4 Ca 732/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 08.08.2001 – 4 Ca 732/01 – unter Aufrechterhaltung im Übrigen teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 12.04.01 nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst wurde, sondern bis zum 31.10.2001 fortbestanden hat.
Die weitere Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits (beider Rechtszuge) werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen Arbeitgeberkündigung. Der Kläger ist am 19.10.1958 geboren. Er ist seit dem 10.08.1974 bei der Beklagten als Lackierer beschäftigt. Sein durchschnittliches Bruttogehalt betrug zuletzt 4.139,– DM. Die Beklagte betreibt ein Fahrzeugbauunternehmen mit mehr als 5 Arbeitnehmern. Mit Aushang vom 09.12.2000 wies die Beklagte ihre Mitarbeiter darauf hin, dass wie in den vergangenen Jahren auch im Zeitraum von Januar bis 31.05.2001 Mitarbeitern in der Produktion Urlaub nicht genehmigt werden könne, außer bei Ausnahmefällen für einen kurzen Zeitraum. Der Kläger hatte bereits im Jahre 2000 anlässlich eine bereits gebuchten Urlaubs im Zeitraum dieser Urlaubssperre 2 Wochen Urlaub genehmigt erhalten. Er beantragte trotz der Sperre am 16.03.2001 Urlaub vom 09.04. bis 24.04.2001. Dieser Urlaubsantrag wurde von der Personalsachbearbeiterin Sch. unterzeichnet, zugleich wurde jedoch vermerkt, dass der Urlaub in den Zeitraum der Urlaubssperre fällt. Eine Genehmigung des Abteilungsleiters und der Geschäftsführung wurde auf dem Antrag, der dem Kläger auch nicht zurückgegeben wurde, nicht eingetragen. Auf dem Antragsformular findet sich weiter der Hinweis, dass der Urlaub nur genehmigt sei, wenn dem Arbeitnehmer eine von der Personalabteilung oder der Geschäftsleitung unterzeichnete Kopie vorliegt.
Der Kläger erschien am 09.04.2001 nicht zur Arbeit. Mit Schreiben vom 09.04., von dem der Kläger zumindest am Morgen des 10.04.2001 Kenntnis erlangt hatte, forderte die Beklagte den Kläger auf, am 10.04.2001 pünktlich um 7.00 Uhr zum Dienst zu erscheinen, da ihm mitgeteilt worden sei, dass der Urlaub zum jetzigen Zeitpunkt wegen Urlaubssperre, Auftragslage und Termindringlichkeit nicht genehmigt werden könne und auf einen späteren Zeitpunkt 27. und 28. Kalenderwoche verlegt werden müsse. Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass er dann, wenn er der Arbeitsaufforderung nicht nachkomme, mit arbeitsrechtlichen Schritten bis hin zur fristlosen Kündigung rechnen müsse. Der Kläger erschien weder bei der Beklagten, noch setzte er sich mit dieser in Verbindung. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 12.04.2001 das Arbeitsverhältnis fristlos wegen unentschuldigten Fehlens. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 18.04.2001 zu. Mit seiner Kündigungsschutzklage, beim Arbeitsgericht Trier vom 26.04.2001 eingegangen, wendet er sich gegen die Kündigung und begehrt Weiterbeschäftigung. Der Kläger hat vorgetragen, er halte es zunächst für sehr zweifelhaft, dass die Beklagte ihren Hauptumsatz im Zeitraum Januar bis Mai mache, da er allein im Herbst 2000 100 Überstunden habe machen müsse. Zudem sei es fraglich, wieso dem Arbeitnehmer R. aus der Schlosserei Mitte April 2 Wochen Urlaub für diese Zeit gewährt worden sei und auch dem Lackierer G. 3 Wochen Urlaub im Monat Mai. So gesehen sei sein Urlaubsantrag gar nicht unsolidarisch, zumal es sich um Resturlaub aus 2000 gehandelt habe. Es habe auch kein Gespräch mit seinen Vorgesetzten gegeben, in welchem ihm mitgeteilt worden sei, dass er jetzt keinen Urlaub bekommen könne. Er habe vielmehr mit Herrn P. und der Personalsachbearbeiterin Sch. gesprochen wegen des Urlaubs und man habe ihm gesagt, das müsse noch geprüft werden. Am 05.04.2001 habe ihm Herr B. gesagt, dass mit dem Urlaub müsse man noch sehen, er bekomme noch ein Schreiben von Frau Sch. In diesem Gespräch sei ihm auch vorgeworfen worden, dass er im vergangenen Jahr 60 Tage arbeitsunfähig gewesen sei. Weil keiner der zuständigen Mitarbeiter den Urlaub verweigert habe, sei er davon ausgegangen, dass alles in Ordnung sei. Das Schreiben vom 09.04.2001 habe seine Schwiegermutter am 10.04.2001 im Briefkasten gefunden. Er gebe zu, dann habe er tatsächlich noch einmal Kontakt mit der Beklagten aufnehmen müssen. Dass dies unterblieben sei, habe daran gelegen, dass dringende Gründe vorgelegen hätten für die Urlaubsnahme im April, weil er sein Haus habe renovieren müssen. Die Kündigung sei unverhältnismäßig.
Der Kläger ha...