Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Arbeitnehmers wegen unentschuldigter Abwesenheit
Leitsatz (redaktionell)
1. Unentschuldigtes Fehlen und eine eigenmächtige Urlaubsnahme eines Arbeitnehmers sind an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu begründen. Denn ein Arbeitnehmer, der sich selbst beurlaubt, verletzt die Hauptpflicht zur Arbeitsleistung, von der er mangels einer Urlaubsbewilligung durch den Arbeitgeber nicht wirksam entbunden ist.
2. Die fristlose Kündigung ist auch in Ansehung einer langjährigen Betriebszugehörigkeit wirksam, da die eigenmächtige Abwesenheit von Arbeitnehmern in einem Produktionsbetrieb mit erheblichen Einschränkungen verbunden ist.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 26.02.2019; Aktenzeichen 6 Ca 818/18) |
Tenor
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau - in der Pfalz - vom 26.02.2019 - 6 Ca 818/18 - wird zurückgewiesen.
II.
Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 26.02.2019 - 6 Ca 818/18 abgeändert, soweit es der Klage stattgegeben hat:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) trägt der Kläger.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.
Der 1973 geborene Kläger war seit dem 01. August 2000 bei der Beklagten als Montierer beschäftigt.
Per Rundmail der Beklagten vom 21. Juni 2018 wurden die Beschäftigten unter der Überschrift "Tarifergebnis 2018: Mehr Entscheidungsmöglichkeiten bei persönlicher Arbeitszeit" darüber informiert, dass für 2019 zwei neue Bausteine des Tarifvertrags vereinbart worden seien, darunter die Möglichkeit zur "Wandlung des neuen tariflichen Zusatzgelds (T-ZUG) in 8 zusätzliche freie Tage".
Am 07. September 2018 stellte der Kläger im Computersystem mit dem elektronisch hinterlegten Formular einen Antrag auf "Umwandlung tarifliches Zusatzgeld (T-ZUG) in Freistellungstage (Schichter) 2019". Das Formular enthält eingangs folgenden "Hinweis":
"Pro Bezugsjahr können Sie einen Antrag auf Wandlung in Freistellungstage stellen. Detaillierte Informationen zu Ihrem Anspruch finden Sie im Intranet unter dem Portalcode @o.
Bitte beachten Sie, dass Sie eine Rückmeldung zur Wandlung T-ZUG in Freistellungstage frühestens im Dezember erhalten.
Der systemseitige Status "genehmigt" bedeutet, dass der Antrag vom System akzeptiert wurde und ist keine Genehmigung Ihres Antrages."
Der vom Kläger ausgefüllte Antrag vom 07. September 2018 (Bl. 64, 65 d. A.) enthält keine Zeitangabe zu einem bestimmten Urlaubszeitraum. Mitte September 2018 fand der Kläger im System zu seinem Antrag den Status "genehmigt" vor.
Am Samstag, 30. September 2018, reiste der Kläger mit dem Auto nach Spanien und verbrachte dort einen zweiwöchigen Urlaub bis zum 12. Oktober 2018. Der Kläger informierte weder die Beklagte noch seine Arbeitskollegen über seine urlaubsbedingte Abwesenheit ab Montag, 01. Oktober 2018. Nachdem der Kläger, der ab dem 01. Oktober 2018 hätte arbeiten müssen, am 01. und 02. Oktober 2018 nicht zur Arbeit erschienen und auch telefonisch nicht zu erreichen war, fuhren am Nachmittag des 02. Oktober 2018 die Vorgesetzte des Klägers, Frau S., und Herr W. (Meister Cockpitvormontage) zur Wohnadresse des Klägers, trafen diesen jedoch nicht an. Dort sahen sie den vollen Briefkasten des Klägers und fragten in der Nachbarschaft nach dem Verbleib des Klägers, wonach Frau S. über die dabei erhaltene Telefonnummer einer Verwandten des Klägers die Information erhielt, dass der Kläger zwei Wochen in Spanien in Urlaub sei. Sodann informierte Frau S. den Personalbereich über das Fehlen des Klägers. Daraufhin wurde der Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 05. Oktober 2018 (Bl. 59 d. A.), an die Wohnanschrift des Klägers per Einwurf-Einschreiben am 09. Oktober 2018 zugestellt, auf sein unentschuldigtes Fehlen ab dem 01. Oktober 2018 hingewiesen und gleichzeitig zur Wiederaufnahme der Arbeit aufgefordert. Über sein Handy war der Kläger für die Beklagte telefonisch nicht erreichbar. Am 10. Oktober 2018 rief eine Mitarbeiterin eines anderen Bereichs, Frau K., die Schwester des Klägers an und bat diese, den Kläger zu informieren, dass er sich bei der Beklagten melden solle. Daraufhin kam es am 10. Oktober 2008 zu einem Telefongespräch zwischen dem Kläger und Frau S., in dem der Kläger angab, in Spanien in Urlaub zu sein. Zur Begründung verwies er darauf, dass er acht Tage zusätzlichen Urlaub habe und im Computersystem der Urlaub von ihm beantragt und als genehmigt bestätigt worden sei.
Am 15. Oktober 2018 fand ein Personalgespräch mit dem Kläger statt, an dem Frau S. und von der Personalabteilung Frau H. und Frau Sch. teilnahmen; wegen der in dies...