Entscheidungsstichwort (Thema)

Neuverteilung. Verringerung. Arbeitszeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG hat der Arbeitgeber der vom Arbeitnehmer begehrten Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen.

2. Ein betrieblicher Grund zur Ablehnung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Reduzierung und Neuverteilung seiner Arbeitszeit liegt insbesondere dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht (§ 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG).

3. Die erkennende Kammer folgt der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die Anforderungen, die an das Gewicht eines entgegenstehenden betrieblichen Grundes nach § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG zu stellen sind, auch für die Verweigerung der Zustimmung zu der vom Arbeitnehmer gewünschten Festlegung der verringerten Arbeitszeit gelten. Dafür obliegt dem Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast.

 

Normenkette

TzBfG § 8

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 06.04.2005; Aktenzeichen 10 Ca 2762/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 06.04.2005 (Az.: 10 Ca 2762/04) abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Änderung des bestehenden Arbeitsvertrages anzunehmen, wonach er zukünftig nur noch 30 Stunden wöchentlich arbeiten muss und sich die Arbeitszeit wie folgt verteilt:

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im dem vorliegenden Verfahren über einen Anspruch des Klägers auf Verringerung und Neuverteilung seiner Arbeitszeit (§ 8 TzBfG). Konkret begehrt der Kläger bei gleichzeitiger Reduzierung seiner Arbeitszeit von 35 auf 30 Stunden in der Woche in Zukunft arbeitstäglich nur noch in der Zeit von 6.00 Uhr bis 12.15 Uhr eingesetzt zu werden.

Im Parallelrechtsstreit (LAG Rheinland-Pfalz Az.: 11 Sa 766/04; ArbG Mainz Az.: 10 Ca 2762/04) hatte der Kläger zunächst begehrt, zukünftig ohne Reduzierung der Arbeitszeit nur noch in der Frühschicht eingesetzt zu werden, um sich nach Schulschluss ab 14.00 Uhr um seine Tochter kümmern zu können, die unter einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS) leide.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung ist mit Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23.02.2006 zurückgewiesen worden.

Der Kläger (geb. am 15.08.1970, verheiratet, ein Kind) ist seit dem 16.07.1997 bei der Beklagten, die sich mit der Instandhaltung von Triebwerken für die zivile Luftfahrt beschäftigt, als Mechaniker zu einem Bruttomonatslohn von zuletzt EUR 2.609,92 tätig. Die Ehefrau des Klägers ist berufstätig und arbeitet in Vollzeit bis 18.00 Uhr.

Im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien ist u.a. Folgendes vereinbart:

§ 4 Arbeitszeit

(1) Als individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit werden 35 Stunden vereinbart.

(2) Bei Schichtarbeit sind die Schichtzeiten den jeweiligen Schichtplänen zu entnehmen.

(3) Jeder Arbeitnehmer hat die festgelegte bzw. betrieblich vereinbarte Mehr –, Nacht –, Wechsel –, Sonn – und Feiertagsarbeit einzuhalten.

§ 16 Sonstiges

Auf das Arbeitsverhältnis finden die tariflichen Bestimmungen für die Metallindustrie in Rheinland-Rheinhessen in ihrer jeweils gültigen Fassung sowie die Betriebsvereinbarungen einschließlich der Arbeitsordnung der W. Anwendung.

§ 5 Ziffer 7 des Gemeinsamen Manteltarifvertrages für die Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz vom 31.10.2000 in der Fassung vom 14.11.2000 (im Folgenden GMTV) hat folgenden Wortlaut:

„Jeder Arbeitnehmer hat die festgelegte bzw. betrieblich vereinbarte Mehr –, Nacht –, Wechsel –, Sonn – und Feiertagsarbeit einzuhalten, wenn er nicht unter Berücksichtigung berechtigter Wünsche und der betrieblichen Notwendigkeit hiervon befreit wird.”

Am 11.08.2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit ab dem 16.11.2004 verbunden mit dem Wunsch, diese wie streitgegenständlich zu verteilen. Dies lehnte die Beklagte nach einer Erörterung am 03.09.2004 mit Schreiben vom 29.09.2004, das dem Kläger am 12.10.2004 übergeben worden ist, ab.

Im Produktionsbereich der Beklagten wird regelmäßig im Zwei-Schicht-System im wöchentlichen Wechsel zwischen Früh- und Spätschicht gearbeitet. Die Frühschicht dauert von 06.00 Uhr bis 13.45 Uhr, die Spätschicht von 13.45 Uhr bis 21.15 Uhr. Aufgrund des im Betrieb der Beklagten eingeführten Arbeitszeitmodells ist es in den Spätschichtwochen möglich, bis zu zweimal pro Woche die Arbeit bereits um 18.00 Uhr zu beenden.

Um die Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen zu erfüllen, sind bei der Beklagte speziell ausgebildete Facharbeiter mit unterschiedlichen Qualifikationsstufen (SF 0, SF 1, SF 2) tätig. Dabei stellt die Qualifikationsstufe SF 2 die höchste Mechanikerqualifikation dar. Der Kläger ist Triebwerkmechan...

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