Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratsanhörung. Betriebsanhörung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Darlegungs- und Beweislast für eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats trägt der Arbeitgeber.

 

Normenkette

BetrVG § 102; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 09.02.2006; Aktenzeichen 2 Ca 1840/05)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts R vom 09.02.2006 (Az.: 2 Ca 1840/05) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Firma W C, K GmbH i.L. auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.
  2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 24.11.2005 nicht aufgelöst worden ist.
  3. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Arbeiter weiter zu beschäftigen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Beklagte zu 1) und 2) je zur Hälfte zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist sowie Feststellung, dass eine seitens der Beklagten zu 1) ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat. Außerdem macht er einen Beschäftigungsanspruch geltend.

Der Kläger wurde am 01.09.1996 bei der Beklagten zu 1) als Arbeiter eingestellt. Seine Bruttomonatsvergütung betrug zuletzt 2.200,– EUR.

Er ist 1969 geboren, ledig und keiner Person zum Unterhalt verpflichtet.

Mit Schreiben vom 24.11.2005, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2006.

Hintergrund der Kündigung war, dass die Beklagte zu 1) ihren Betrieb auf die Beklagte zu 2) übertragen wollte. Nach dem Übernehmerkonzept sollte der Betrieb mit den bisherigen Betriebsmitteln am alten Ort, allerdings mit einer weitgehend reduzierten Belegschaft fortgeführt werden. Die Beklagte beschäftigte seinerzeit 215 Mitarbeiter. Das Unternehmerkonzept sah vor, den Betrieb mit ca. 75 Mitarbeitern weiter zu führen. Die Beklagte zu 2) erklärte sich zur Übernahme des Betriebes der Beklagten zu 1) nur unter der Bedingung einverstanden, dass lediglich ca. 75 Mitarbeiter übergehen würden.

Hintergrund der Entscheidung der Beklagten zu 1) war, dass der Hauptkunde, die T AG, auf Grund einer Insourcingpolitik Aufträge entzog. Allein das Ausbleiben von Aufträgen dieses Hauptkunden bedeutete für die Beklagte zu 1) einen Rückgang im Auftragsvolumen von 87 Prozent.

Die Beklagte zu 1) beschäftigte vor dem Betriebsübergang 215 Mitarbeiter, wobei 31 Mitarbeiter so genannte Werkhelfer waren, d.h. ungelernte Arbeitnehmer, wie der Kläger. Dies entsprach einem Anteil von ca. 14,4 Prozent.

Von den geplanten 75 Arbeitnehmern, die auf die Beklagte zu 2) übergehen sollten, waren noch 3 Werkhelfer, was einem Anteil von 4 Prozent entspricht.

Die Beklagte zu 1) schloss mit ihrem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste sowie einen Sozialplan. Auf den Inhalt der Vereinbarungen (Anlage B 1 zum Beklagtenschriftsatz vom 10.01.2006, Bl. 74 ff d.A.) wird verwiesen. In der Namensliste findet sich der Kläger unter den Arbeitnehmern, die „ausscheiden” sollten.

In § 4 Abs. 2 des Interessenausgleichs vereinbarten die Betriebspartner:

” Die Rechte des Betriebsrats bei der Umsetzung der Maßnahme gemäß § 102 BetrVG bleiben unberührt”.

Die Beklagte hörte den Betriebsrat zur Kündigung des Klägers mit Schreiben vom 26.10.2005 an. Auf den Inhalt des Anhörungsschreibens (Anlage B 2 zum Beklagtenschriftsatz vom 10.01.2006, Bl. 108 d.A) wird verwiesen.

Die Beklagte zu 2) übernahm zum 01.12.2005 den Betrieb der Beklagten zu 1). Sie beschäftigte 75 Arbeitnehmer weiter. Sie übernahm den noch vorhandenen Auftragsbestand, sowie die materiellen Betriebsmittel und führte den Betrieb der Beklagten zu 1) in verringertem Umfang fort.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen,

die Kündigung sei bereits deswegen unwirksam, da eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nicht erfolgt sei. Dem Betriebsrat seien nach dem Vortrag der Beklagten nicht die Namen und Sozialdaten des Klägers und der in die Sozialauswahl einbezogenen Mitarbeiter mitgeteilt worden. Außerdem könne sich die Beklagte nicht auf § 1 Abs. 5 KSchG berufen, da kein Interessenausgleich mit Namenslisten im Sinne des § 111 BetrVG vorliegen würde. In der Namensliste zum Interessenausgleich seien die zu kündigenden Arbeitnehmer nicht aufgeführt worden, sondern lediglich die Arbeitnehmer, die ausscheiden sollten. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten sollten allerdings die weit überwiegende Anzahl der so gekennzeichneten Arbeitnehmer nicht durch Kündigung, sondern auf Grund anderer Maßnahmen, z.B. durch dreiseitigen Vertrag mit einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft, ausscheiden. Letztendlich verstoße die Kündigung gegen § 613 a BGB, da sie wegen des beabsichtigten Betriebsübergangs erfolgt sei.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass sein Arbeitsverh...

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