Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung, außerordentliche. Schadenersatz. Schmerzensgeld. Überstundenvergütung. Außerordentliche Kündigung wegen tätlichem Angriff. Schadenersatzpflicht des Arbeitnehmers
Leitsatz (redaktionell)
Für ein Abplatzen der Verblendung an Zahn 22 und 24 sowie ein Schmelzdefekt an Zahn 35, bei dem es im Übrigen – außer durch den ausgeführten Schlag selbst – zu keinen größeren Schmerzen gekommen ist, ist ein Schmerzensgeld von 1.000 Euro angemessen
Normenkette
BGB §§ 626, 823, 847
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 08.02.2008; Aktenzeichen 2 Ca 1794/07) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 8.2.2008 – 2 Ca 1794/07 – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger 836,54 EUR brutto zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2. Auf die Berufung des Beklagten wird der hilfswiderbeklagte Kläger verurteilt, an den Beklagten 2.584,78 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz zu zahlen. Desweiteren wird der Kläger verurteilt, 1000,– EUR (Schmerzensgeld) nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten seit 14.5.2008 zu zahlen. Die weitergehende Hilfswiderklage wird abgewiesen. Die Berufung im übrigen zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Verfahrens hat der Kläger 96 %, die Beklagte 4 % zu tragen.
4. Eine Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz um die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung, um – teils klageerweiternd – verfolgte Ansprüche auf Überstundenvergütung, um Vergütungsansprüche bis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der außerordentlichen Kündigung, um Folgevergütungsansprüche für die Zeit nach der ausgesprochenen Kündigung, um Urlaubsabgeltung, sowie um zur Aufrechnung gestellte und hilfswiderklagend verfolgte Ansprüche auf Schadenersatz, Schmerzensgeld und die Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftigen Schadens.
Der verheiratete Kläger war mit schriftlichem Arbeitsvertrag ab 03.07.2006 als Fahrer und Paketzusteller gegen eine monatliche Bruttovergütung von EUR 1.450,00 zuzüglich Spesen bei dem Beklagten, der in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, tätig.
Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Abmachungen:
§ 4 Arbeitsvergütung
Der Arbeitnehmer erhält eine mtl. Bruttovergütung von –1.450,00 Euro – zzgl. Spesen. Spesen werden bei einer Arbeitszeit von mindestens 8 Stunden je Kalendertag in Höhe von 15,00 Euro gezahlt. Die Spesenabrechnung ist von Seiten des Arbeitnehmers spätestens am 3. Tag des Folgemonats einzureichen.
Soweit eine zusätzliche Leistung vom Arbeitgeber gewährt wird, ist diese freiwillig und kann jederzeit nach freiem Ermessen widerrufen oder angerechnet werden.
Mit diesem vereinbarten Mindestlohn ist die geleistete Arbeitszeit, einschließlich etwaiger Mehrarbeit abgegolten.
…
§ 10 Vertragstrafe
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich – ungeachtet der Möglichkeit des Arbeitgebers, weitergehende Schadensersatzansprüche geltend zu machen –, dem Arbeitgeber eine Vertragstrafe in Höhe einer halben Monatsvergütung zu zahlen, wenn er das Arbeitsverhältnis nicht antritt oder das Arbeitsverhältnis vertragswidrig beendet.
…
Weitere Vertragsstrafen, die von GLS an den Unternehmer belastet werden und aus einem Fehlverhalten des Mitarbeiters hervorgehen, werden an den verschuldeten Fahrer weitergeleitet und mit der Lohnabrechnung verrechnet.
§ 12 Verwirkung von Ansprüchen
Der Arbeitnehmer muss Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb eines Monats nach der letzten Vergütungsabrechnung geltend machen. Andernfalls sind sie verwirkt.
Am 23.07.2007 kam es zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu einer Auseinandersetzung. Diese führte zu einer fristlosen Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 23.07.2007. Mit einem weiteren Schreiben vom gleichen Tag wurde dem Kläger ersatzweise die fristgerechte Kündigung zum 31.08.2007 erklärt.
Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.02.2008 (Seite 3 bis 6 = Bl. 103 bis 106 d. A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat im vorerwähnten Urteil darauf erkannt, dass dem Kläger ein Anspruch in Höhe von EUR 724,48 netto nebst Zinsen zusteht, weil ein Lohneinbehalt wegen unwirksamer gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 BGB verstoßende Vertragsstrafenvereinbarung nicht gerechtfertigt sei und eine Aufrechnung mit dem beklagtenseits geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch wegen Unpfändbarkeit der Forderung nicht stattfände. Ferner stünden dem Kläger EUR 1.075,80 brutto an Vergütung für die Zeit vom 01.07 bis 23.07.2007 zu. Auch hier fände keine Aufrechnung mit einem Schmerzensgeldanspruch statt, da es wegen der Verrechnung von Brutto mit Netto an der Gleichartigkeit der Leistungen fehle; darüber hinaus könne keine Aufrechnung gegen unpfändbare Forderu...