Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfall von Ansprüchen auf Weihnachts- und Urlaubsgeld aufgrund vergleichsweise vereinbarter Ausgleichsklausel
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine vergleichsweise vereinbarte Ausgleichsklausel soll das streitige Rechtsverhältnis abschließend zu regeln; diese die Gerichtspraxis in den Tatsacheninstanzen vorherrschende Zweckbestimmung (Schaffung klarer Verhältnisse und Vermeidung möglichen Streits in der Zukunft) wird nur erreicht, wenn die Klausel grundsätzlich in dem Sinne weit ausgelegt wird, dass alle Verpflichtungen, die nicht von dieser Klausel erfasst werden sollen, ausdrücklich und unmissverständlich im Vergleich selbst bezeichnet werden müssen, ohne dass es weiterer Zusätze bedarf wie "bekannt oder unbekannt" oder "gleich aus welchem Rechtsgrund".
2. Ein Vergleich kann seine Friedensfunktion nur erfüllen, wenn über seine Tragweite keine Unklarheit besteht; das gilt auch für Ansprüche, die sich erst aus den Bedingungen des Vergleichs selbst ergeben können.
3. Die Klausel "Mit Erfüllung des vorstehenden Vergleichs sind alle gegenseitigen finanziellen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis, seien sie derzeit bekannt oder unbekannt, gleich auf welchem Rechtsgrund sie beruhen, abgegolten, mit Ausnahme evtl. bestehender Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung" ist als negatives konstitutives Schuldanerkenntnis im Sinne des § 397 Abs. 2 BGB zu bewerten; wird dieses Schuldanerkenntnis in Kenntnis einer möglichen bestehenden Forderung abgegeben, scheidet eine Rückforderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung aus.
4. Verpflichtet sich die Arbeitgeberin in einem (gerichtlichen) Vergleich, das Arbeitsverhältnis bis zu dessen Beendigung "ordnungsgemäß abzurechnen", wird dadurch mangels anderer Anhaltspunkte ein Vergütungsanspruch nicht selbstständig begründet; die Abrechnung betrifft nur die nach anderen Rechtsgrundlagen bestehenden Ansprüche.
5. Die Befriedungsfunktion eines Vergleichs kann nur erreicht werden, wenn von der Abgeltungsklausel ausgeschlossene Ansprüche unmissverständlich im Vergleich bezeichnet worden sind; haben die Parteien eine umfangreiche Regelung mit der detaillierten Auflistung für einzelne Ansprüche vorgenommen, kann aus der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Abrechnung kein Anspruch auf die Zahlung weiterer Vergütungsbestandteile zusätzlich zu der monatlich festgelegten Zahlung erwachsen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 779, 397 Abs. 2; ZPO § 278 Abs. 6
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 25.06.2013; Aktenzeichen 2 Ca 620/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 25.06.2013, Az.: 2 Ca 620/13 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten die Zahlung von Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld für das Jahr 2012 verlangen kann.
Der Kläger war vom 15.02.1982 bis zum 31.12.2012 bei der Beklagten als Kundendiensttechniker beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 17.09.2009 wurde folgende Vergütung vereinbart:
"3.1. Der Arbeitnehmer wird entsprechend der tarifvertraglichen Regelung in die Gehalts-/Lohngruppe 6 eingruppiert und vergütet. Derzeit sind das EUR 2.472,52 pro Monat. Der Arbeitnehmer erhält eine übertarifliche Zulage in Höhe von EUR 1.087,48 pro Monat. Das Bruttogehalt beträgt EUR 3.560,00. Dieser Betrag wird nachträglich monatlich abgerechnet und auf ein vom Mitarbeiter benanntes Konto angewiesen. (zuletzt erhielt der Kläger EUR 3.599,--)
3.2 Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Urlaubsgeld, welches die Hälfte des Bruttogehaltes gemäß Absatz 1 Satz 4 beträgt. Der Betrag wird zusammen mit dem Aprilgehalt ausgezahlt.
3.3. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein 13. Gehalt als Weihnachtsgeld, welches dem Bruttogehalt gemäß des in Absatz 1 Satz 4 genannten Betrages entspricht. Der Betrag wird zusammen mit dem Novembergehalt ausgezahlt."
Mit Schreiben vom 03.09.2009 wurde dem Kläger eine variable Prämie in Höhe von EUR 4.000,00 bei 100% Zielerreichung zugesagt. Des Weiteren wurde die Geltung der Tarifverträge für den Hamburger Groß- und Außenhandel vereinbart.
Nachdem die Beklagte dem Kläger am 22.06.2011 ordentlich zum 01.02.2012 sowie des Weiteren am 08.11.2011 außerordentlich gekündigt und der Kläger dagegen Kündigungsschutzklage erhoben hatte, schlossen die Parteien am 06.03.2012 folgenden gerichtlichen Vergleich:
"1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund ordentlicher, arbeitgeberseitiger Kündigung aus betrieblichen Gründen mit Ablauf des 31.12.2012. An der fristlosen Kündigung vom 08.11.2011 sowie der darin enthaltenen vorsorglichen ordentlichen Kündigung und den hierauf gestützten Gründen wird nicht festgehalten.
2. Bis zum Beendigungszeitpunkt wird das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgerechnet. Es besteht Einigkeit zwischen den Parteien, dass der Kläger ab 20.10.2011 wieder gesund ist. Die Abrechnung erfolgt auf der Basis eines monatlichen Festgehalts von E...