Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnklage eines Automobilverkäufers bei monatlicher Zahlung eines als "Vorschussgehalt" bezeichneten Betrages. Unwirksame Klausel zur Rückzahlung von Ausbildungskosten in mündlichem Arbeitsvertrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 65 HGB und § 87c Abs. 1 HGB hat die Arbeitgeberin über die Provision, auf die der Arbeitnehmer Anspruch hat, monatlich abzurechnen, wobei der Abrechnungszeitraum auf höchstens drei Monate erstreckt werden kann.
2. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats, zu erfolgen; die sich hieraus ergebenden Rechte sind nach § 87c Abs. 5 HGB unabdingbar.
3. Die monatliche Zahlung eines als "Vorschussgehalt" bezeichneten und als "Gehalt" oder "Festbezug" gezahlten Betrages ohne monatliche Provisionsabrechnungen lässt darauf schließen, dass dieser Betrag dem Arbeitnehmer als Mindestgehalt zustehen soll und deshalb keine zeitnahe Abrechnung erfolgt.
4. Das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrages schließt die Annahme allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht aus (§ 305 Abs. 1 S. 2 BGB); auch eine mündliche Vertragsbedingung kann eine allgemeine Geschäftsbedingung sein.
5. Die Verpflichtung zur Rückzahlung von Ausbildungskosten darf nicht schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist geknüpft werden; vielmehr muss nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden.
Normenkette
BGB §§ 133, 138 Abs. 1, §§ 157, 307, 310 Abs. 3 Nr. 2, § 611 Abs. 1; HGB §§ 65, 87c Abs. 1, 5; BGB § 305 Abs. 1 S. 1, § 307 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 08.05.2014; Aktenzeichen 2 Ca 4272/13) |
Tenor
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung der Vergütung für den Monat Juli 2013 in Anspruch. Die Beklagte macht im Wege der Widerklage Ansprüche auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen und Fortbildungskosten geltend.
Die Beklagte betreibt ein Autohaus und vertreibt F.-Fabrikate. Der Kläger absolvierte bei der Beklagten in der Zeit vom 01. August 2009 bis 11. Juni 2012 seine Ausbildung zum Automobilkaufmann. Nach seiner bestandenen Abschlussprüfung war er bei der Beklagten in der Zeit vom 12. Juni 2012 bis zum 31. Juli 2013 als Automobilverkäufer beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert nicht.
Im Zusammenhang mit der Übernahme des Klägers in ein Arbeitsverhältnis als Automobilverkäufer fand im Juni 2012 ein Gespräch zwischen den Parteien statt. Dabei ist zwischen den Parteien streitig, welche Vergütungsabrede in dem Gespräch getroffen wurde. Im Rahmen dieses Gespräches verabredeten die Parteien, dass der Kläger bei F. eine Fortbildung "Startklar für F." mit einer Seminardauer von 32 Tagen in 24 Monaten absolviert, durch die er bei erfolgreicher Teilnahme die Zertifizierung als geprüfter Automobilverkäufer (ZDK) erlangt; die weiteren Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig, insbesondere ob gemäß der Behauptung der Beklagten eine Rückzahlung der von ihr übernommenen Fortbildungskosten für den Fall einer Eigenkündigung des Klägers während der ersten drei Jahre nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme - mit einer Verringerung des Rückzahlungsbetrages für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses nach Beendigung der Fortbildung um 1/36 des Gesamtrückzahlungsbetrages - vereinbart war.
In der Folgezeit absolvierte der Kläger auf Kosten der Beklagten von den 32 Seminartagen der Fortbildung "Startklar für F." insgesamt 24 Seminartage und nahm zusätzlich an zwei weiteren Veranstaltungen bei F. ("F. erfahren 2012" und "Aktion selber testen - F. K.") auf Kosten der Beklagten teil.
In der Zeit von Juli 2012 bis Juni 2013 erhielt der Kläger von der Beklagten - mit Ausnahme des Monats Februar 2013 - monatlich einen Betrag in Höhe von 1.300,-- EUR netto, der auf sein Konto mit dem angegebenen Verwendungszweck "Lohn/Gehalt" überwiesen wurde (Kontoauszüge des Klägers, Bl. 224 - 230 d. A.). In den von der Beklagten vorgelegten Abrechnungen für die Monate Juli 2012 bis Juni 2013, die - mit Ausnahme des Monats Februar 2013 - jeweils einen Auszahlungsbetrag in Höhe von 1.300,-- EUR ausweisen, sind jeweils als "Brutto-Bezüge" ein Betrag in Höhe von 90,-- EUR mit der Bezeichnung "Fahrgeld Pausch. Verst." und ein Betrag in Höhe von 1.735,94 EUR bzw. ab Januar 2013 in Höhe von 1.724,53 EUR bzw. 1.720,64 EUR mit der Bezeichnung "Festbezug Netto" ausgewiesen (Bl. 246 - 257 d. A.); zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Kläger die Lohnabrechnungen jeweils am Ende des Monats ausgehändigt wurden - so die Beklagte - oder erstmals im vorliegenden Verfahren vorgelegt worden sind - so der Kläger -. Während seiner Beschäftigungszeit erhielt der Kläger keine Provisionsabrechnungen von der Beklagten.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2013 kündigte der Kläger sein mit der ...