Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung, außerordentliche. Unkündbarkeit. Außerordentliche Kündigung eines ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist die ordentliche Kündigung tariflich ausgeschlossen, so ist im Rahmen der Interessenabwägung bei einer vom Arbeitgeber erklärten außerordentlichen Kündigung nicht auf die Dauer einer fiktiven Kündigungsfrist, sondern auf die tatsächliche künftige Vertragsbindung abzustellen.

 

Normenkette

AVR-Deutscher-Caritasverband § 14 Abs. 5; BGB § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 22.10.2008; Aktenzeichen 4 Ca 858/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 22.10.2008, Az.: 4 Ca 858/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren darüber, ob das Arbeitsverhältnis des 49-jährigen, zwei Kindern unterhaltspflichtigen und seit dem 01.04.1990 als Erzieher beschäftigten Klägers, welches nach Maßgabe von § 14 Abs. 5 der Richtlinien für Arbeitsverträge in Einrichtungen des Deutschen Caritas Verbandes (AVR) ordentlich nicht mehr kündbar ist, durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 17.12.2007 seine Beendigung gefunden hat.

Zur Darstellung des streitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen streitigen Parteivorbringens erster Instanz wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 22.10.2008, Az.: 4 Ca 858/07 (Bl. 91 ff. d. A.).

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 17.12.2007 nicht aufgelöst worden ist. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt:

Der Kläger habe zwar pflichtwidrig die ihm gegenüber Jugendlichen obliegende Aufsichtspflicht verletzt. Allerdings könne die Abmahnung vom 25.09.2007 nicht als subjektiv vorwerfbares pflichtwidriges Verhalten des Klägers gewertet werden. Die feststellbaren Pflichtwidrigkeiten im Hinblick auf die Jugendlichen O. S. und A. seien im Hinblick auf deren Schwere nicht geeignet, einen Grund für eine fristlose Kündigung eines unkündbaren Arbeitnehmers darzustellen. Vielmehr wären diese geeignet gewesen, diesbezüglich eine weitere Abmahnung auszusprechen. Bezüglich der vorgetragenen Pflichtwidrigkeiten wäre es zwar möglich gewesen, bei einem Arbeitnehmer, der ordentlich kündbar wäre, eine ordentliche Kündigung auszusprechen. Der Kläger sei jedoch durch die Bestimmungen der AVR geschützt. Menschliche Fehlleistungen in dem seitens der Beklagten vorgetragenen Umfang kämen immer wieder vor.

Das genannte Urteil ist der Beklagten am 21.11.2008 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 08.12.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 21.01.2009 bis zum 04.02.2009 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 04.02.2009, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

Nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 124 ff. d. A.), begehrt die Beklagte die Abänderung des angefochtenen Urteils und die Abweisung der Klage. Zur Begründung macht die Beklagte – zusammengefasst – geltend:

Wenn auch die diesbezügliche Kündigungsschutzklage des Klägers Erfolg hatte (Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17.01.2005 – 7 Sa 525/04 –), spiegele die dem genannten Verfahren zugrundeliegende seinerzeitige Kündigung vom 13.11.2003 eine massive Aufsichtspflichtverletzung des Klägers wider. Im nunmehrigen Tätigkeitsbereich als Erzieher in einer Außenwohngruppe für Jugendliche sei der Kläger mit Kindern und Jugendlichen mit erheblichen erzieherischen und psychischen Problemen befasst. Hierbei sei es insbesondere zwingend notwendig, den Kindern und Jugendlichen klare Strukturen vorzugeben und Grenzen aufzuzeigen, damit diese ein entsprechendes Sozialverhalten erlernten. Die Jugendgruppen seien dergestalt ausgelegt, dass auch in der Verselbstständigungsgruppe, in welcher sich die Vorfälle die zur streitgegenständlichen Kündigung geführt haben, ereignet hätten, rund um die Uhr mit Fachpersonal besetzt sein müssen. Dies bedinge, dass eine Betreuung sichergestellt sein müsse, bis alle Bewohner der Wohngruppe diese am Morgen verlassen hätten. Dies bedinge regelmäßig eine Anwesenheit eines Betreuers bis um 8:30 Uhr. Könne ein Kind – beispielsweise aus Krankheitsgründen – die Wohngruppe nicht verlassen, müsse auch eine Betreuung von 8:30 Uhr bis 13:30 Uhr sichergestellt sein. Dies ergebe sich auch aus den gesetzlichen Vorgaben des § 34 SGB VIII und den entsprechenden Vorgaben des Jugendamtes. Aufgrund dieser Vorgaben könne es sich die Beklagte nicht leisten, dass Betreuungspflichten nicht wahrgenommen würden. Nachdem der Kläger – dies räum...

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