Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbegründete Zahlungsklage auf Sozialplanabfindung wegen betriebsbedingter Eigenkündigung bei unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zur Vermeidung einer Abfindungskündigung im Rahmen eines freiwilligen Ringtauschs
Leitsatz (amtlich)
1. Die Darlegungs- und Beweislast für die eine Sozialplanabfindung begründenden Tatsachen trägt grundsätzlich der klagende Arbeitnehmer.
2. Nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast genügt hierbei das das einfache Bestreiten des Gegners der primär darlegungspflichtigen Partei nicht, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, der Gegner dagegen alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind. In diesen Fällen kann von ihm das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (hier: bejaht).
Leitsatz (redaktionell)
1. War der Arbeitsplatz des Klägers in der Qualitätssicherung zum Zeitpunkt seiner Eigenkündigung nicht von einer betriebsbedingten Kündigung bedroht, hat der Kläger zur Vermeidbarkeit einer Abfindungskündigung durch Eigenkündigung darzulegen, inwieweit die Möglichkeit bestand, durch einen freiwilligen Ringtausch (auch im Sinne einer Mehrfachkette) in einem von betriebsbedingten Kündigungen betroffenen Bereich die Kündigung eines Arbeitnehmer zu vermeiden, der einen Abfindungsanspruch hatte.
2. Beruft sich der Kläger auf einen Ringtausch unter Beteiligung eines bestimmten Mitarbeiters, liegt bereits nach seinem eigenen Vortrag die für den Ringtausch erforderliche Freiwilligkeit nicht vor, wenn er auf die Darlegung der Arbeitgeberin, dass sich dieser Mitarbeiter eine Tätigkeit in der Qualitätssicherung nicht zugetraut hat, seinerseits vorträgt, dass der Mitarbeiter seine Bewerbung in der Qualitätssicherung deshalb zurückgezogen hat, weil er mit dem dortigen Vorgesetzten nicht auskommt; die erforderliche Freiwilligkeit des Arbeitsplatztausche wird damit nicht behauptet.
Normenkette
BetrVG § 112; ZPO § 138 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 27.11.2013; Aktenzeichen 1 Ca 1220/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 27. November 2013 - 1 Ca 1220/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Sozialplanabfindung.
Der Kläger war bei der Beklagten seit 01. Juni 2010 als Zerspanungsmechaniker beschäftigt. Zunächst war er in der Produktion eingesetzt, ab 01. Januar 2013 wurde er für eine Tätigkeit in der Qualitätssicherung angelernt und zum 01. Mai 2013 in die Abteilung Qualitätssicherung versetzt. Zuletzt verdiente der Kläger monatlich 2.700,00 Euro brutto.
Im Zuge der Übernahme durch einen Investor schloss die Beklagten mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat unter dem 10. Januar 2013 eine Betriebsvereinbarung zum Interessenausgleich und Sozialplan über die Zukunftsausrichtung und -sicherung der Beklagten am Standort K (Bl. 5 ff.; im Folgenden: BV IA und SozPlan), die gemäß § 1 BV IA und SozPlan persönlich für alle unter § 5 Abs. 1 BetrVG fallenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Beklagten gilt. § 2 BV IA und SozPlan sieht ua. für die Produktion und produktionsnahe Bereiche eine Personalanpassung vor, deren Umfang sich zum Zeitpunkt des Abschlusses der BV IA und SozPlan noch nicht genau quantifizieren ließ und durch Projekte erarbeitet und entsprechend den zwischen den Betriebspartnern vereinbarten Regularien umgesetzt werden sollte. § 5 BV IA und SozPlan enthält vor diesem Hintergrund folgende Abfindungsregelung:
"§ 5 Abfindungsanspruch und Abfindungsberechnung
Abfindungsanspruch
Der Abfindungsanspruch besteht unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis vom Unternehmen betriebsbedingt gekündigt wurde oder im gegenseitigen Einvernehmen betriebsbedingt endet. Liegt eine Eigenkündigung aus betriebsbedingten Grund (auch bei Ringtausch) vor, so ist der Abfindungsanspruch gesondert zu prüfen und für den Fall gegeben, dass durch den Ringtausch eine Kündigung mit Abfindungsanspruch vermieden werden kann.
..."
§ 3 Ziff. 6 BV IA und SozPlan enthält folgende Bestimmung:
"§ 3 Personelle Einzelmaßnahmen
...
Bei der Umsetzung sind alle Formen von Ketten, Mehrfachketten im Sinne eines Ringtausches möglich und im Sinne einer vorausschauenden Personalplanung anzuwenden. Vorausschauende Personalplanung meint auch, dass zu erwartende Veränderungen, die sich im Rahmen der Projektarbeit ergeben könnten, jeweils auch zu beraten sind. Ringtausch liegt nur dann vor, wenn durch diesen eine Kündigung vermieden werden kann. Ringtausch bedarf der doppelten Freiwilligkeit."
In Umsetzung der mit dem Betriebsrat getroffenen Vereinbarung kam es bei der Beklagten zu betriebsbedingten Kündigungen. Unter anderem betroffen war der Kollege des Klägers S, welcher wie der der Kläger in der Qualitätssicherung angelernt, jedoch nicht in de...