Entscheidungsstichwort (Thema)
Beendigung eines Ausbildungsverhältnisses. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Berufsausbildungsverhältnis. Beweiswert. Grund. wichtiger. Kündigung. fristlose
Leitsatz (redaktionell)
Der fehlende Nachweis der Arbeitsunfähigkeit für einen Tag ist dann nicht geeignet einen wichtigen Grund für die Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses darzustellen, wenn für den nachfolgenden Tag eine ärztliche Bescheinigung vorliegt und diese als Folgebescheinigung ausgestellt ist.
Normenkette
BBiG § 15 Abs. 2; BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 29.04.2004; Aktenzeichen 7 Ca 2111/03) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom29.04.2004 – 7 Ca 2111/03 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Berufungsverfahrens streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Ausbildungsverhältnis durch eine außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 23.05.2003 beendet wurde.
Der am 12.12.1982 geborene Kläger ist seit dem 01.11.2001 bei der Beklagten als Auszubildender zum Elektroinstallateur beschäftigt. Die Ausbildungsvergütung beträgt im 2. Ausbildungsjahr 403,92 EUR pro Monat.
Mit Schreiben vom 27.09.2002 hat die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung erteilt, weil er nachdem er sich am 23.09.2002 telefonisch krank gemeldet hatte, der Beklagten bis zum 27.09.2002 keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt hatte. Wegen des genauen Inhalts der Abmahnung wird auf Bl. 30 der Akte Bezug genommen.
Am 19.05.2003, dem Tag der Zwischenprüfung, meldete sich der Kläger gegen 6:50 Uhr bei Herrn X., einem Mitarbeiter der Beklagten telefonisch krank. Dieser wies den Kläger darauf hin, dass er wegen der anstehenden Zwischenprüfung unverzüglich ein ärztliches Attest vorlegen müsse. Am Abend des 19.05.2003 sprach der Kläger um 22:31 Uhr auf den Anrufbeantworter der Beklagten und teilte mit, dass er auch noch am darauf folgenden Tag krank sei. Am Mittwoch, den 21.05.2003 rief der Kläger um 22:50 Uhr bei der Beklagten an und sprach wiederum auf den Anrufbeantworter, dass er immer noch krank sei.
Mit Schreiben vom 23.05.2003 kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis des Klägers fristlos. Die Beklagte begründet die Kündigung damit, dass der Kläger bis zum 23.05.2003 keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt habe.
Nachdem die vom Kläger angerufene Kreishandwerkerschaft mit Schreiben vom 24.07.2003 festgestellt hat, dass das Schlichtungsverfahren gescheitert ist, hat der Kläger am 31.07.2003 Klage beim Arbeitsgericht Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – gegen die außerordentliche Kündigung seines Ausbildungsverhältnisses erhoben.
Dr. med. W., Facharzt für Allgemeinmedizin, hat dem Kläger Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 19.05.2003 bis 21.05.2003, festgestellt am 19.05.2003 sowie bis zum 02.06.2003, festgestellt am 23.05.2003 attestiert. Für den 22.05.2003 lag für den erstinstanzlichen Rechtszug keine ausdrücklich auf diesen Tag bezogene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor.
Der Kläger hat vorgetragen,
die Beklagte sei nicht berechtigt, das Ausbildungsverhältnis durch Kündigung zu beenden, da er sich keine Vertragsverstöße habe zu Schulden haben kommen lasse, die eine solche Maßnahme zu rechtfertigten geeignet wären. Er habe die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Beklagten im Original sofort übermittelt, d.h. in den Briefkasten der Beklagten geworfen. Es sei zwar richtig, dass für den 22.05.2003 die Arbeitsunfähigkeit nicht ausdrücklich bestätigt worden sei. Ganz offensichtlich habe der ausstellende Arzt diesen Tag aber lediglich übersehen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 23.05.2003 nicht beendet worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen,
bis zum Ausspruch der Kündigung sei eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers nicht bei ihr eingegangen. Erst am 24.05.2003 habe sie eine Folgebescheinigung für den Zeitraum vom 23.05. bis 02.06.2003 in ihrem Briefkasten vorgefunden. Erst nach dem Schlichtungstermin bei der Kreishandwerkerschaft habe der Kläger dann die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 19.05.2003 bis 21.05.2003 vorgelegt. Da aber für den 22.05.2003 – jedenfalls aus ihrer Sicht – unstreitig immer noch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliege und der Kläger im September 2002 eindeutig verständlich vom Geschäftsführer der Beklagten wegen Nichtvorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abgemahnt worden sei, sei die Kündigung gerechtfertigt. Da der Kläger, wie sich aus der schriftlichen Mitteilung der Kreishandwerkerschaft Koblenz vom 22.05.2003 ergebe, eine überaus desinteressierte Einstellung zu seiner Ausbildung habe, sei sie nicht in der Lage, an dem Ausbildungsverhältnis mit dem Kläger festzuhalten.
Das Arbeitsgericht Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – hat daraufhin du...