Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer einzelvertraglichen Zusicherung der Vergütung nach einer bestimmten Entgeltgruppe
Leitsatz (redaktionell)
Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer anlässlich der Zuweisung einer Tätigkeit in einer niedrigeren Entgeltgruppe zugesichert, ihm würden hieraus keine finanziellen Nachteile erwachsen, so steht ihm weiterhin ein Anspruch auf Zahlung der ursprünglichen Vergütung zu.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; ZPO § 322 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 10.01.2017; Aktenzeichen 12 Ca 1646/16) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10. Januar 2017, Az. 12 Ca 1646/16 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn auch über den 1. Juni 2014 hinaus nach der Entgeltgruppe E 06 des jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie West in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag mit den sich aus dem Firmenbezogenen Verbandstarifvertrag für die C. vom 12. Mai 2014 in Verbindung mit dem Überleitungstarifvertrag zwischen der C. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie vom 12. Mai 2014 ergebenden Modifikationen zu vergüten.
- Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) zu tragen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger aufgrund einer individualvertraglichen Zusage nach der Entgeltgruppe E 06 des Bundesentgelttarifvertrags für die chemische Industrie West vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 (im Folgenden: BETV) mit den Modifikationen durch einen firmenbezogenen Verbands- sowie Überleitungstarifvertrag zu vergüten ist.
Die Beklagte ist auf dem Gebiet der Verarbeitung und Entwicklung hochwertiger flexibler Packstoffe tätig und führender Erzeuger von Verpackungen für Lebensmittel und Hersteller von Folien. Sie beschäftigt am Standort C-Stadt circa 250 Mitarbeiter. Im dortigen Betrieb existiert ein Betriebsrat.
Der 1954 geborene Kläger ist seit 1. März 1973 aufgrund eines am 26. Februar 1973 mit der "Z." geschlossenen Arbeitsvertrages (Bl. 5 d. A.) bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern beschäftigt, zunächst als "Maschinenbediener".
In einem Formular "Personal-Veränderung" vom 7. April 1997 (Bl. 6 d. A.) heißt es auszugsweise:
"Folgende Änderung soll mit Wirkung vom 01.04.97 in Kraft treten: Entgelterhöhung, Versetzung.
Begründung: Einrichtertätigkeit in der Extrusion
beantragt von: (...) |
am: |
genehmigt von: (...) |
am: (...) |
befürwortet von: (...) |
am: (...) |
Personalabteilung erledigt |
am: |
|
gegenwärtiger Stand seit |
Änderung |
Kosten-Stelle/Abteilung |
|
|
Tätigkeit |
|
|
Entgeltgruppe |
E 05 |
E 06 |
Tarifentgelt |
DM 3393 |
DM 3470 |
Entgeltgarantie |
DM 170 |
DM 208 |
Vorarbeiter-Zulage |
DM |
DM |
Ausgleichszulage |
DM |
DM |
übertarifliche Zulage |
DM |
DM |
sonstige Zulage |
DM |
DM |
Gesamtentgelt |
DM 3563.00 |
DM 3678,00 |
Kenntnisnahme bestätigt: (Unterschrift)"
Im Jahr 2013 führte die Beklagte Verhandlungen mit der IG BCE zu den künftigen tariflichen Regelungen. Die IG BCE informierte die Mitarbeiter der Beklagten durch öffentliche Aushänge der Tarifkommission der IG BCE vom 2. Juli 2013 und vom 21. August 2013 über die geplanten Einschnitte im Bereich der Personalkosten durch eine Tarifvertragslösung.
Unter dem Datum vom 11. Dezember 2013 legte die Beklagte dem Kläger eine "Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag" (Bl. 8 d. A.) "zur Kenntnisnahme" vor. Diese hatte folgenden Inhalt:
"Herr A. übt ab dem 01.01.2014 die Funktion eines Multi-Ver- und Entsorgers aus.
Die bisherige Eingruppierung sowie die Höhe des monatlichen Bruttoentgeltes bleiben unverändert.
Bis zum Abschluss des Firmenverbundenen Tarifvertrages (Haustarif) gilt das bisherige Entgelt als vereinbart. Mit in Kraft treten des Firmenverbundenen Tarifvertrages gilt die Vergütung nach Firmenverbundenem Tarifvertrag. Dies gilt auch in Verbindung mit möglichen vereinbarten Übergangsregelungen sowie einer damit verbundenen eventuellen Erhöhung, Absenkung oder Beibehaltung des in dieser Zusatzvereinbarung vereinbarten Entgeltes."
Mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 (Bl. 7 d. A.) wandte sich die Beklagte wie folgt an den Kläger:
"Änderung Einsatz
(...)
ab dem 01.01.2014 werden Sie vorübergehend zeitweise oder ständig, unabhängig von der mit Ihnen arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit, als Multi-Ver- und Entsorger eingesetzt.
Dies geschieht aufgrund der organisatorischen Änderungen ab diesem Datum in der Produktion.
Wir beziehen uns hierbei auf die Regelung in § 11 Ziffer b) der Arbeitsordnung, wonach Sie, wenn betriebliche Belange es erfordern, auch mit anderen zumutbaren Tätigkeiten betraut werden können, als die, für die Sie eingestellt oder mit denen Sie längere Zeit beschäftigt wurden. Hieraus werden Ihnen keine finanziellen Nachteile entstehen.
Die Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 11.12.2013 ist damit hinfällig."
Seit dem 1. Januar 2014 ist der Kläger als Multi-Ver- und Entsorger eingesetzt.
Unter dem 12. Mai 2014 schlossen der ...