Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsabteilungsstilllegung. Änderungskündigung gegenüber Betriebsratsmitglied. Begriff der Betriebsabteilung. Verhältnismäßigkeit einer Änderungskündigung. Feststellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Berufsbildungsstätte einer Berufsbildungseinrichtung des DGB, die nur für einen Arbeitsamtsbezirk Maßnahmen durchführt, stellt eine Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG dar. Wird sie stillgelegt, kann eine Änderungskündigung gegenüber einem Betriebsratsmitglied erfolgen, wenn eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Betriebsteil möglich ist.

2. Bei der Änderungskündigung sind die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

 

Normenkette

KSchG §§ 2, 1, 15

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Urteil vom 14.05.1997; Aktenzeichen 1 Ca 2223/96)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 14.05.1997 – 1 Ca 2223/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob eine dem Kläger gegenüber ausgesprochene Änderungskündigung vom 28.11.1996 zum 31.03.1997 sozial gerechtfertigt ist.

Der Kläger ist am 28.02.1956 geboren. Er ist ledig und für zwei Personen unterhaltspflichtig. Seit 10.08.1987 ist er bei der Beklagten als EDV-Ausbilder für die Ausbildungsbereiche „kaufmännische Module mit EDV” beschäftigt. Erster Einsatzort gemäß Vertrag vom 28.07.1987/07.08.1987 war Pirmasens. Durch Änderungsvertrag vom 11.12.1990/19.12.1990 war ab 01.01.1991 der Beschäftigungsort Trier festgeschrieben. Er bezieht ein monatliches Bruttoentgelt von DM 5.500,–.

Die Beklagte hat ihren Sitz in Düsseldorf, sie verfügt über mehrere Bezirksgeschäftsstellen. Für Rheinland-Pfalz orientiert sich die Organisation an den Landesgrenzen, die Bezirksgeschäftsstelle Rheinland-Pfalz hat ihren Sitz in Mainz. Bei dieser ist ein Betriebsrat gewählt. Der Kläger ist im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Mitglied des aus fünf Personen bestehenden Betriebsrates gewesen.

Zweigstellen der Landesorganisation in Form von Berufsbildungs- oder Förderstätten befinden sich in Rheinland-Pfalz in Bad-Kreuznach, Idar-Oberstein, Koblenz, Ruppach-Goldhausen, Diez, Montabaur, Nassau, Pirmasens, Zweibrücken, Mainz, Landau, Bernkastel-Kues und Trier. Die Schließung der letztgenannten Berufsbildungsstätte löste den anhängigen Rechtsstreit aus.

Satzungsmäßiger Zweck der Beklagten ist die Förderung von Bildung und Qualifikation vornehmlich von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Der Zweck wird insbesondere verwirklicht durch Betreiben von Einrichtungen und Maßnahmen der Berufsbildung laut § 2 der Satzung. Die Lehrgänge werden hauptsächlich für die Arbeitsämter durchgeführt und von diesen gefördert. Teilnehmergebühren werden nicht erhoben.

In der Berufsbildungsstätte Trier wurden ausschließlich Maßnahmen im Arbeitsamtsbezirk durchgeführt. Dort waren zuletzt 13 Arbeitnehmer für die Beklagte tätig. Trier war jeweils Beschäftigungsort laut Arbeitsvertrag. Die Zweigstellenleitung hatte Herr A. L. übernommen, dieser war zugleich Zweigstellenleiter der Berufsbildungsstätte in Koblenz.

Die Geschäftsführung entschied durch Beschluß vom 08.05.1996 die Berufsbildungsstätte Trier zum 31.12.1996 aufzulösen. Entsprechende Interessenausgleichsverhandlungen sind gescheitert. Die letzte von der Berufsbildungsstätte Trier durchgeführte Maßnahme endete am 28.02.1997.

Die Beklagte kündigte nach vorheriger Anhörung des Betriebsrates das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 28.11.1996 zum 31.03.1997 und bot ihm gleichzeitig die Weiterbeschäftigung zu ansonsten unveränderten Bedingungen ab dem 01.04.1997 in der Berufsbildungsstätte Zweibrücken an.

Dem Kündigungsschreiben war der Widerspruch des Betriebsrates vom 25.11.1996 beigefügt, der auf die Möglichkeit einer für den Kläger günstigeren Weiterbeschäftigung in Koblenz oder Bernkastel-Kues gestützt wurde. Am 26.12.1996 hat der Kläger die Annahme der Weiterbeschäftigung unter Vorbehalt erklärt und am 17.12.1996 beim Arbeitsgericht Trier Kündigungsschutzklage eingereicht.

Der Kläger unterzeichnete später am 24.04.1997 einen dritten Änderungsvertrag, wonach der Einsatzort ab 01.04.1997 Zweibrücken ist.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei unwirksam, die Beklagte habe keine Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG stillgelegt. Die Berufsbildungsstätte Trier habe keinen eigenen Betriebszweck verfolgt, sondern lediglich die Bezirksgeschäftsstelle Mainz im Sinne der Durchführung von Berufsbildungsmaßnahmen. Betriebsabteilung sei also ausschließlich die Zweigstelle Koblenz der Beklagten, der auch der organisatorisch verantwortliche Leiter ansässig sei.

Der Kläger hat darüber hinaus geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, weil der Betriebsrat ihr wegen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten widersprochen habe. Bei der Frage der anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten hätten sowohl Bernkastel-Kues und Koblenz als auch betriebsübergreifend die zum Betrieb Saarbrücken g...

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