Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsabteilungsstilllegung. Änderungskündigung gegenüber Betriebsratsmitglied. Begriff der Betriebsabteilung. Verhältnismäßigkeit einer Änderungskündigung. Feststellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Berufsbildungsstätte einer Berufsbildungseinrichtung des DGB, die nur für einen Arbeitsamtsbezirk Maßnahmen durchführt, stellt eine Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG dar. Wird sie stillgelegt, kann eine Änderungskündigung gegenüber einem Betriebsratsmitglied erfolgen, wenn eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Betriebsteil möglich ist.

2. Bei der Änderungskündigung sind die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

 

Normenkette

KSchG §§ 2, 1, 15

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Urteil vom 14.05.1997; Aktenzeichen 1 Ca 2261/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.10.1999; Aktenzeichen 2 AZR 437/98)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 14.05.1997 – 1 Ca 2261/96 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob eine dem Kläger gegenüber ausgesprochene Änderungskündigung vom 28.11.1996 zum 31.03.1997 sozial gerechtfertigt ist.

Die Klägerin ist am 09.09.1951 geboren. Sie ist verheiratet und für zwei Kinder unterhaltspflichtig. Seit 01.06.1989 ist sie bei der Beklagten als Ausbilderin beschäftigt. Einsatzort gemäß Vertrag vom 01.06.1989/21.07.1989 ist Trier. Die Klägerin bezog ein monatliches Bruttoentgelt von DM 2.923,– bei 20 Wochenarbeitsstunden.

Die Beklagte hat ihren Sitz in Düsseldorf, sie verfügt über mehrere Bezirksgeschäftsstellen. Für Rheinland-Pfalz orientiert sich die Organisation an den Landesgrenzen, die Bezirksgeschäftsstelle Rheinland-Pfalz hat ihren Sitz in Mainz. Bei dieser ist ein Betriebsrat gewählt. Die Klägerin ist im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Mitglied des aus fünf Personen bestehenden Betriebsrates gewesen.

Zweigstellen der Landesorganisation in Form von Berufsbildungs- oder Förderstätten befinden sich in Rheinland-Pfalz in Bad-Kreuznach, Idar-Oberstein, Koblenz, Ruppach-Goldhausen, Diez, Montabaur, Nassau, Pirmasens, Zweibrücken, Mainz, Landau, Bernkastel-Kues und Trier. Die Schließung der letztgenannten Berufsbildungsstätte löste den anhängigen Rechtsstreit aus.

Satzungsmäßiger Zweck der Beklagten ist die Förderung von Bildung und Qualifikation vornehmlich von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Der Zweck wird insbesondere verwirklicht durch Betreiben von Einrichtungen und Maßnahmen der Berufsbildung laut § 2 der Satzung. Die Lehrgänge werden hauptsächlich für die Arbeitsämter durchgeführt und von diesen gefördert. Teilnehmergebühren werden nicht erhoben.

In der Berufsbildungsstätte Trier wurden ausschließlich Maßnahmen im Arbeitsamtsbezirk durchgeführt. Dort waren zuletzt 13 Arbeitnehmer für die Beklagte tätig. Trier war jeweils Beschäftigungsort laut Arbeitsvertrag. Die Zweigstellenleitung hatte Herr A. L. übernommen, dieser war zugleich Zweigstellenleiter der Berufsbildungsstätte in Koblenz.

Die Geschäftsführung entschied durch Beschluß vom 08.05.1996 die Berufsbildungsstätte Trier zum 31.12.1996 aufzulösen. Entsprechende Interessenausgleichsverhandlungen sind gescheitert. Die letzte von der Berufsbildungsstätte Trier durchgeführte Maßnahme endete am 28.02.1997.

Die Beklagte kündigte nach vorheriger Anhörung des Betriebsrates das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 28.11.1996 zum 31.03.1997 und bot ihm gleichzeitig die Weiterbeschäftigung zu ansonsten unveränderten Bedingungen ab dem 01.04.1997 in der Berufsbildungsstätte Montabaur an.

Der Betriebsrat hat der Kündigung widersprochen. Am 10.12.1996 hat die Klägerin die Annähme der Weiterbeschäftigung unter Vorbehalt erklärt und am gleichen Tag beim Arbeitsgericht Trier Kündigungsschutzklage eingereicht.

Die Klägerin arbeitete ab 01.04.1997 als Verwaltungskraft in Bernkastel-Kues, das Gehalt ist niedriger, diese Tätigkeit ist befristet. Sie hat die Tätigkeit unter Wahrnehmung ihrer Rechte aufgenommen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei unwirksam, die Beklagte habe keine Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG stillgelegt. Die Berufsbildungsstätte Trier habe keinen eigenen Betriebszweck verfolgt, sondern lediglich die Bezirksgeschäftsstelle Mainz im Sinne der Durchführung von Berufsbildungsmaßnahmen. Betriebsabteilung sei also ausschließlich die Zweigstelle Koblenz der Beklagten, bei der auch der organisatorisch verantwortliche Leiter ansässig sei.

Die Klägerin hat darüber hinaus geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, weil der Betriebsrat ihr wegen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten widersprochen habe. Bei der Frage der anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten hätten sowohl Bernkastel-Kues und Koblenz als auch betriebsübergreifend die zum Betrieb Saarbrücken gehörende Berufsbildungsstätte Saarlouis berücksichtigt werden müssen. Es fehle auch an der ordnungsgemäßen Sozialauswahl bei der Änderungskündigung.

Die Klä...

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