Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer vom WEG-Verwalter ausgeprochenen ordentlichen Kündigung eines Hausmeisterarbeitsvertrages mit der WEG
Leitsatz (amtlich)
Eine vom Verwalter namens der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgesprochene Kündigung des mit einem Wohnungseigentümer geschlossenen (Hausmeister-)Arbeitsvertrags ist grundsätzlich von der Vertretungsmacht nach § 9b Abs. 1 WEG umfasst. Der im Innenverhältnis fehlende Beschluss der Wohnungseigentümer führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 180 BGB. Ein Zurückweisungsrecht nach § 174 BGB besteht in diesem Fall nicht.
Normenkette
BGB §§ 174, 180, 242, 622 Abs. 1; WEG §§ 27, 9b; BGB §§ 622, 27
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 07.08.2023; Aktenzeichen 2 Ca 544/23) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 07.08.2023 - 2 Ca 544/23 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26.04.2023 nicht zum 28.05.2023, sondern erst zum 31.05.2023 aufgelöst ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) hat der Kläger zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft, die 267 Wohneinheiten mit über 200 Parteien bzw. Eigentümern umfasst. Die Beklagte beschäftigt weniger als 10 Arbeitnehmer. Verwalterin der Beklagten ist die E. GmbH.
Der Kläger war aufgrund Arbeitsvertrag vom 6. Oktober 2021 (Bl. 4 - 6 d.A.) seit dem 1. Dezember 2021 bei der Beklagten als Hausmeister gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 2.890,00 EUR beschäftigt. Nach § 6.1 des Arbeitsvertrags gelten nach Ablauf der Probezeit die gesetzlichen Kündigungsfristen.
Die Verwalterin der Beklagten hatte das Arbeitsverhältnis bereits mit Schreiben vom 27. Dezember 2022 zum 31. Januar 2023 gekündigt (Bl. 39 d.A.). In dem daraufhin geführten Kündigungsschutzverfahren haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, nachdem die Beklagte aus der Kündigung vom 27. Dezember 2022 keinerlei Rechte mehr herleitet und das Arbeitsverhältnis über den 31. Januar 2023 hinaus fortgeführt wird (Beschluss des ArbG Ludwigshafen vom 10. Februar 2023 - 3 Ca 25/23 - Bl. 43, 44 d.A.).
Mit Schreiben vom 26. April 2023 (Bl. 7 d.A.), dem Kläger am 29. April 2023 zugegangen, kündigte die Verwalterin im Namen der Beklagten das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis "form- und fristgerecht zum 28. Mai 2023". Das Kündigungsschreiben vom 26. April 2023 ist von Herrn F. F. als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der E. GmbH (Verwalterin der Beklagten) unterzeichnet. Für den Ausspruch der Kündigung liegt kein Beschluss der Eigentümerversammlung der Beklagten vor. Mit Schreiben vom 3. Mai 2023 (Bl. 9 d.A.), das der Kläger am gleichen Tag in den Briefkasten der Verwalterin der Beklagten einwarf, wies der Kläger die Kündigung vom 26. April 2023 wegen unterbliebener Vorlage einer Originalvollmacht zurück und erklärte, dass er ebenfalls bestreite, dass ein Eigentümerbeschluss vorangegangen sei, der die Verwalterin zur Kündigung ermächtige.
Mit seiner am 5. Mai 2023 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen eingegangenen Kündigungsschutzklage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung vom 26. April 2023 geltend gemacht.
Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 7. August 2023 - 2 Ca 544/23 - Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 26. April 2023 nicht aufgelöst werden wird, sondern über den 28. Mai 2023 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 7. August 2023 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Kündigung nicht nach § 174 BGB unwirksam sei, weil die Verwalterin nach § 9b C. keine Originalvollmacht vorlegen müsse. Die Kündigung sei auch nicht unwirksam wegen eines fehlenden Eigentümerbeschlusses. Die gerichtliche wie außergerichtliche Vertretungsmacht des Verwalters sei nach § 9b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 C. unbeschränkt und gegenüber Dritten auch nicht beschränkbar (§ 9b Abs. 1 Satz 3 C.). Ob das Handeln des Verwalters von seinen nach wie vor überschaubaren Befugnissen im Innenverhältnis (vgl. § 27 C.) gedeckt sei, spiele keine Rolle. Damit mache ein fehlender Eigentümerbeschluss die Kündigung nicht unwirksam. Sollten die Wohnungseigentümer mit der Kündigung nicht einverstanden sein, müssten sie dies im Innenverhältnis mit dem Verwalter klären durch Anweisung oder Kündigung des Verwaltervertrags. Die Wirksamkeit der Handlung im Außenverhältnis sei gerade Sinn und Zweck der Neuregelung des...