Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Enthält ein vorformulierter Arbeitsvertrag eine zweistufige Ausschlussfrist, so genügt die Erhebung einer Kündigungsschutzklage, um die vom Erfolg des Kündigungsrechtsstreits abhängigen Vergütungsansprüche im Sinne der vertraglichen Ausschlussfrist sowohl schriftlich als auch gerichtlich geltend zu machen.

2. Hingegen sind von der Kündigungsschutzklage nicht nicht vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abhängige Vergütungsansprüche (hier: bis zum Zugang der fristlosen Kündigung) umfasst.

3. Der Zeugnisanspruch nach § 109 GewO ist als unabdingbarer gesetzlicher Anspruch von den Verfallfristen ausgenommen und damit nicht verfallen.

 

Normenkette

BGB § 288 Abs. 5, § 305 Abs. 1, § 309 Nr. 7; BUrlG §§ 1, 13 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 7 Abs. 4; EGBGB Art. 229 § 34; GewO § 109; SGB VII § 104; BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 01.12.2016; Aktenzeichen 6 Ca 654/16)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.01.2019; Aktenzeichen 5 AZR 43/18)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 01. Dezember 2016 - 6 Ca 654/16 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:

    1. Das Versäumnisurteil vom 20. September 2016 wird teilweise mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Urteilstenor wie folgt insgesamt neu gefasst wird:

      Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 130,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Mai 2016 zu zahlen.

      Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 542,31 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Juni 2016 zu zahlen.

      Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen.

    2. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil vom 20. September 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
  • II.

    Die Kosten des Rechtsstreits (erster und zweiter Instanz) tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte, mit Ausnahme der durch die Säumnis im Termin vom 20. September 2016 veranlassten Kosten, die die Beklagte zu tragen hat.

  • III.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Gehalt sowie vermögenswirksame Leistungen für den Monat März 2016, Urlaubsabgeltung, Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses und eine Verzugspauschale.

Der Kläger war in der Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. März 2016 bei der Beklagten als "Sachbearbeiter im Vertrieb Innendienst & ecommerce" gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von zuletzt 2.350,00 EUR beschäftigt. Der Arbeitsvertrag der Parteien (Bl. 13 - 23 d. A.) enthält u.a. folgende Regelungen:

"(...)

§ 7 Urlaub

7.1 Der Arbeitgeber gewährt dem Mitarbeiter den gesetzlichen Mindesturlaub gem. § 3 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz in Höhe von 20 Tagen im Kalenderjahr, bezogen auf eine 5-Tage-Woche ("Gesetzlicher Mindesturlaub").

7.2 Darüber hinaus gewährt der Arbeitgeber dem Mitarbeiter zusätzlich bezahlten Erholungsurlaub in Höhe von 10 Tagen im Kalenderjahr ("Zusätzlicher Urlaub"). Dieser Zusätzliche Urlaubsanspruch wird anteilig, d.h. pro Monat in Höhe von einem Zwölftel des über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Erholungsurlaubs, gewährt. Im Jahr des Eintritts und des Austritts besteht ein Anspruch auf 1/12 des Zusätzlichen Urlaubs für jeden vollen Kalendermonat der Beschäftigungsdauer. Im Falle der Beendigung erfolgt eine etwaige Urlaubsabgeltung nur bis zur Höhe des gesetzlichen Mindesturlaubs.

7.3 Der Zeitpunkt des Urlaubs ist unter Berücksichtigung der betrieblichen Notwendigkeiten mit dem Arbeitgeber abzustimmen. Mit der Urlaubserteilung erfüllt der Arbeitgeber zunächst den älteren Urlaubsanspruch. Bei im selben Kalenderjahr entstandenen Urlaubsansprüchen erfüllt der Arbeitgeber zunächst den gesetzlichen Mindesturlaub, dann einen ggf. bestehenden Anspruch auf gesetzlichen Zusatzurlaub (zusammen "Gesetzlich bestehende Urlaubsansprüche"). Erst nach vollständiger Erfüllung der Gesetzlich bestehenden Urlaubsansprüche gewährt der Arbeitgeber dem Mitarbeiter den Zusätzlichen Urlaub dem § 6.2.

(...)

§ 15 Verfallfristen

15.1 Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.

15.2 Lehnt jedoch die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von vier Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht worden ist.

15.3 Ausgenommen von den vorstehenden Verfallfristen sind Ansprüche, die auf vorsätzlichem sowie grob fahrlässigem Verhalten beruhen sowie unabdingbare gesetzliche Ansprüche.

(...)"

Der Resturlaub des Klägers ...

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