Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfähigkeit. Betriebsvereinbarung. Kurzarbeit. Wochenarbeitspläne. Zuordnung. Betriebsvereinbarung und Kurzarbeit. Inhaltliche Anforderungen an eine Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit
Leitsatz (redaktionell)
1. In der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte ist umstritten, welche inhaltlichen Anforderungen an eine Betriebsvereinbarung zur Einführung der Kurzarbeit zu stellen sind. Teilweise wird vertreten, die Betriebsvereinbarung könne so ausgestaltet werden, dass sie abstrakt die Einführung von Kurzarbeit aus einem bestimmten Anlass regelt und die personelle Festlegung des Personenkreises einer formlosen Absprache den Betriebsparteien überlässt. Nach der Gegenansicht müssen in einer Betriebsvereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit, die normative Wirkung für die betroffenen Arbeitsverhältnisse entfalten soll, Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit, die Auswahl der von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer oder Abteilungen sowie die Zeiträume, in denen die Arbeit ganz ausfallen soll, festgelegt werden, um dem für Rechtsnormen geltenden Bestimmtheitsgrundsatz zu genügen.
2. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts sprechen die besseren Argumente für die Meinung, die eine inhaltlich konkret gefasste Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit verlangt. Dies ergibt sich aus deren unmittelbaren und zwingenden Wirkung für die von ihr betroffenen Arbeitnehmer, mithin aus deren Normwirkung.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 3; BGB § 615
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 10.06.2005; Aktenzeichen 1 Ca 3540/04) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 10.06.2005 (Az.: 1 Ca 3540/04) teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.007,90 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.164,24 Euro seit dem 15.10.2004 und aus weiteren 843,66 Euro seit dem 15.11.2004 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger hat 42 %, die Beklagte hat 58 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt nur noch darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger während der Dauer der Kündigungsfrist der ihm gegenüber erklärten betriebsbedingten Kündigung, für die Monate September 2004 bis Dezember 2004 den regelmäßigen Lohn zu zahlen oder ob sie für den Kläger mit der Folge der Entgeltreduzierung wirksam Kurzarbeit angeordnet hat.
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 19.07.1984 als Baumaschinenführer zuletzt mit einem Bruttostundenlohn in Höhe von EUR 15,27 in der Abteilung Tief- und Straßenbau beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde von der Beklagten betriebsbedingt gekündigt. Im Betrieb der Beklagten wurde in diesem Zeitraum Kurzarbeit geleistet.
Bereits unter dem 01.04.2004 hatte die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit für die Zeit ab dem 01.04.2004 über voraussichtlich (weitere) 6 Monate abgeschlossen. Mit der Betriebsvereinbarung vom 27.09.2004 erfolgte eine weitere Verlängerung der Kurzarbeit für den Zeitraum vom 01.10.2004 über voraussichtlich weitere 6 Monate. Beiden Betriebsvereinbarungen war jeweils eine Namensliste beigefügt, in denen jeweils auch der Kläger aufgeführt war.
In den Betriebsvereinbarungen heißt es u.a.:
”4. Die Kurzarbeit soll auf alle betroffenen Mitarbeiter innerhalb der einzelnen Beschäftigungsgruppen soweit möglich gleichmäßig verteilt werden, jedoch auch unter Berücksichtigung der sozialen Stellung der Mitarbeiter untereinander, insbesondere bezüglich Familienstand und Unterhaltsverpflichtungen.
5. Betriebsrat und Geschäftsleitung … sind sich darüber einig, dass wegen der Besonderheiten in Baubetrieben die zeitliche und personelle Verteilung der Arbeitszeit sowie Ausfalltage nicht im Voraus über einen längeren Zeitraum hinweg bestimmt werden können.
Es wird deshalb regelmäßig unter Berücksichtigung von Punkt 4 ein wöchentlicher Personalverteilungsplan erstellt.
Aus diesem Plan geht hervor, welche Mitarbeiter wann und in welchem Umfang von Kurzarbeit betroffen sind. …”
In der Betriebsvereinbarung vom 27.09.2004 heißt es im Anschluss daran zusätzlich:
”Dieser wöchentliche Personalverteilungsplan ist jeweils als Einzelbetriebsvereinbarung abzuschließen.”
Der Kläger wurde auch nach Ausspruch der Kündigung weiter in die Kurzarbeit einbezogen. In den von der Beklagten zu der Akte gereichten wöchentlichen Einteilungsplänen für den Zeitraum zwischen dem 30.08.2004 und dem 24.12.2004 sind in mehreren Spalten zunächst die verschiedenen Baustellen bzw. Arbeitsbereiche, sodann eine Spalte „KUG” (= Kurzarbeit), eine Spalte „krank” sowie eine Spalte „Urlaub” aufgeführt. Die Spalte KUG enthält – ohne weitere Angaben – die Namen verschiedener Mitarbeiter, u.a. jeweils denjenigen des Klägers. Die Einsatzpläne sind von der Beklagten und dem Betriebsrat ...