Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörung. Kündigung. Mitarbeitervertretung. Anhörung der Mitarbeitervertretung bei Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Grundsatz der subjektiven Determination ist auch auf die Anhörung der Mitarbeitervertretung übertragbar.
2. Eine zuvor abgemahnte Pflichtverletzung im Rahmen der Dokumentationspflicht einer examinierten Altenpflegerin kann im Wiederholungsfall eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.
Normenkette
MAVO §§ 30, 33
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 16.03.2011; Aktenzeichen 9 Ca 1307/10) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16.3.2011 – 9 Ca 1307/10 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um die Frage, ob eine von der Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung wegen einem Mangel bei der Anhörung der Mitarbeitervertretung und aus Gründen mangelnder sozialer Rechtfertigung rechtsunwirksam ist.
Die am 11. Mai 1960 geborene, geschiedene und einem Kind gegenüber unterhaltsverpflichtete Klägerin, die examinierte Altenpflegerin ist, wurde von der Beklagten, die als kirchliches Unternehmen ein Altenpflegeheim mit 30 Pflegeplätzen sowie 37 Wohnungen für betreutes Wohnen betreibt, seit 20. Juni 2000 beschäftigt.
Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrages vom 13. Juni 2000 galten für das Dienstverhältnis die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen C A” in ihrer jeweils geltenden Fassung.
Die Bruttobezüge der Klägerin beliefen sich zuletzt auf 2.407,69 EUR im Monat.
Mit Schreiben vom 21. Juli 2010 wurde der Klägerin gegenüber eine ordentliche Kündigung des Dienstverhältnisses zum 31. Dezember 2010 ausgesprochen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den umfassenden Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16. März 2011 – 9 Ca 1307/10 – gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 21.07.2010 nicht aufgelöst werde,
die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1. aus der Klageschrift bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag zu den bisherigen Bedingungen als Altenpflegerin weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich
Klageabweisung
beantragt.
Das Arbeitsgericht hat die gegen die Kündigung gerichtete Klage und den Antrag auf Weiterbeschäftigung nach Einvernahme der Zeuginnen S und S abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß gemäß § 33, 30 MAVO angehört worden sei. Die Zeugin S habe bestätigt, dass dem Anhörschreiben an die Mitarbeitervertretung die Aktennotiz vom 06. November 2009 und die Abmahnung vom 30. Dezember 2009 beigefügt gewesen seien; die Zuleitung des Schreibens sei am 14. Juli 2010 erfolgt. Die Pflichtenverstöße seien nach Datum und Inhalt dargestellt. Einer Darstellung der Einlassung der Klägerin zu Abstimmungsschwierigkeiten mit weiteren Mitarbeitern habe es angesichts des Bekanntseins der üblichen Betriebsabläufe nicht bedurft. Das vom 21. Juli 2010 datierende Kündigungsschreiben sei im Übrigen erst nach Ablauf der einwöchigen Stellungnahmefrist der Mitarbeitervertretung zur Post gegeben und der Klägerin am 23. Juli 2010 zugestellt worden. Im Übrigen sei die Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen gerechtfertigt, da es zur wiederholten Verletzung der Dokumentationspflicht gekommen sei. Ihr Fehlverhalten am 01. November 2009 habe die Klägerin eingeräumt. Sie könne sich nicht auf Abstimmungsschwierigkeiten mit ihren Arbeitskollegen berufen, da die Dokumentationspflicht hinsichtlich eigener durchgeführter Tätigkeiten bestünde. Bereits eine Woche nach dem geführten Gespräch sei es zur weiteren abgemahnten Pflichtverletzung gekommen. Zur Abmahnung sei die Klägerin nach den Bekundungen der Zeugin S auch gehört worden. Das Abmahnungsschreiben sei inhaltlich auch nicht unzureichend.
Hinsichtlich der Fehlverhaltensweisen vom 10. und 11. Juli 2010 habe die Beklagte entsprechende Dokumentationsnachweise vorgelegt. Der Dokumentationsnachweis hinsichtlich des Patienten F. K. weise zutreffend am 10. Juli 2010 die Dokumentation von der Verpflegung, Lagerung und Körperpflege nicht auf. Im Dokumentationsnachweis für den Patienten G. B. sei für die Zeit nach 08:30 Uhr keine Getränkeabreichung bis 15:00 Uhr notiert. Unstreitig fehlten hinsichtlich dieses Altenheimbewohners für den 10. und 11. Juli 2010 auch die Eintragungen bezüglich Ernährung, Körperpflege und Lagerungswechsel. Soweit die Klägerin auf eine Arbeitsmehrbelastung für den 10. Juli 2010 verweise, sei sie gerade zur ordnungsgemäßen Besetzung der Schicht zusätzlich eingeteilt worden. Allenfalls für den 11. Juli 2010 sei infolge eines Stromausfalles ein zusätzlicher Arbeitsaufwand dadurch entstanden, dass Verpf...