Entscheidungsstichwort (Thema)
Benachteiligung. Schwerbehinderung. Benachteiligung von schwerbehinderten Menschen
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 81 Abs. 2 Nr. 1 S. 3 SGB IX reicht es aus, dass der schwerbehinderte Beschäftigte Tatsachen glaubhaft macht, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen und danach der Arbeitgeber die Beweislast dafür trägt, dass nicht auf die Behinderung bezogene sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder eine bestimmte körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für diese Tätigkeit ist.
Normenkette
SGB IX § 81
Verfahrensgang
ArbG Trier (Urteil vom 18.07.2006; Aktenzeichen 3 Ca 1812/05) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 18.07.2006 – 3 Ca 1812/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine Entschädigung wegen behaupteter Benachteiligung eines schwerbehinderten Menschen bei einer Stellenbesetzung.
Die Beklagte suchte mit Inserat vom 20.08.2005 in der Zeitung „O” einen kaufmännischen Angestellten für ihre Niederlassung in H zum baldmöglichsten Eintritt.
Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 20.08.2005 um diese Stelle und teilte in diesem Schreiben mit, dass er schwerbehindert im Sinne des Gesetzes sei.
Mit Schreiben vom 26.10.2005, wegen dessen Einzelheiten auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils hingewiesen wird, lehnte die Beklagte die Bewerbung des Klägers ab.
Ihre Begründung, sie habe das Auswahlverfahren wegen mehrerer Bewerber eingrenzen müssen, traf nicht zu.
Der Kläger hat mit seiner Klage, die er am 21.11.2005 bei Gericht eingereicht hat, geltend gemacht, aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte die Stelle ohne Hinweis darauf ausgeschrieben habe, schwerbehinderte Menschen würden bevorzugt eingestellt und der weiteren Tatsache, dass eine Bewerbung ohne ausreichende Begründung abgelehnt worden sei und der Tatsache, dass die Beklagte nicht geprüft habe, ob der ausgeschriebene freie Arbeitsplatz mit einem schwerbehinderten Menschen habe besetzt werden können und die Beklagte keine Verbindung zur Agentur für Arbeit aufgenommen habe, müsse er davon ausgehen, dass die Ablehnung allein deshalb erfolgt sei, weil er in seiner Bewerbung auf seine Schwerbehinderteneigenschaft hingewiesen habe. Die Ablehnung sei auch nicht unverzüglich erfolgt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, aufgrund ihrer Stellenanzeige seien überhaupt keine Arbeitnehmer eingestellt worden, obgleich eine große Anzahl von Bewerbungen eingegangen sei. Sie habe allen Stellenbewerbern, die sich auf die Anzeige beworben hätten, abgesagt. Die Absagen seien erfolgt, weil die ursprünglich geplante betriebliche Erweiterung in H nicht sicher gewesen sei. Für die Erweiterung sei der Kauf oder die Anmietung eines Betriebsgeländes notwendig gewesen, diese seien im Oktober 2005 gescheitert. Eine spätere Einstellung habe mit dem damaligen Einstellungsvorgang nichts zu tun.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 18.07.2006 verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Z, wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18.07.2006 Bezug genommen.
In dem vorbezeichneten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe nicht vorgetragen, dass die Beklagte bei Begründung des Arbeitsverhältnisses gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen habe. Er habe keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die eine entsprechende Annahme rechtfertigen könnten. Zwar habe er Tatsachen glaubhaft gemacht, die eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten ließen, zur Glaubhaftmachung reiche es aus, wenn der behinderte Arbeitnehmer Tatsachen vortrage, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Er habe dargelegt, die Beklagte habe ihn nicht wahrheitsgemäß über die Gründe unterrichtet, die für die Ablehnung seiner Bewerbung maßgebend waren. Unstreitig habe sich die Beklagte auch nicht mit der Bundesagentur für Arbeit in Verbindung gesetzt, um zu prüfen, ob sie den Arbeitsplatz mit den dort als arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Arbeitnehmern besetzen könne. Dennoch bestehe kein Anspruch des Klägers nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 3 SGB IX, weil diese Norm voraussetze, dass überhaupt eine Auswahl unter verschiedenen Bewerbern stattgefunden habe. Eine derartige Auswahl habe die Beklagte bestritten und dargelegt, es sei zu keinem Auswahlverfahren gekommen, weil keiner der Bewerber eingestellt worden sei. Dies sei durch Beweisaufnahme der Zeugin Z in vollem Umfang bestätigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird ...