Entscheidungsstichwort (Thema)
Reisekosten des beigeordneten Anwalts. Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
PKH-Zum Anspruch des beigeordneten Rechtsanwalts auf Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld bei einschränkungsloser Beiordnung.
Normenkette
BRAGO § 126 Abs. 1; ZPO § 121 Abs. 3; ArbGG § 11a
Verfahrensgang
ArbG Halle (Saale) (Beschluss vom 02.04.2003; Aktenzeichen 6 Ca 3841/01) |
Tenor
Die Beschwerde der Staatskasse – Bezirksrevisor – gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Halle vom 28. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
I. Dem Kläger wurde durch Beschluss des Arbeitsgerichts Halle vom 06. 03. 2002 Prozesskostenhilfe für die erste Instanz ab 01. 10. 2001 ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt K in D bewilligt.
Durch Beschluss des Arbeitsgerichts Halle vom 02. 04. 2003 wurden unter anderem Fahrtkosten des beigeordneten Prozessbevollmächtigten der Klägerin von 35,10 EUR sowie Abwesenheitsgeld von 15,00 EUR abgesetzt.
Der Erinnerung des Prozessbevollmächtigten hat das Arbeitsgericht Halle – Rechtspflegerin – nicht abgeholfen und diese dem Richter vorgelegt.
Dieser hat der Beschwerde durch Beschluss vom 28.07.2003 stattgegeben und über die festgesetzte Vergütung hinaus die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu erstattenden Kosten auf weitere 58,12 EUR – der Betrag der abgesetzten Fahrtkosten bzw. des abgesetzten Abwesenheitsgeldes – festgesetzt.
Hiergegen hat der Vertreter der Landeskasse am 20. 08. 2003 Beschwerde eingelegt und diese am 04.09.2003 begründet.
Entscheidungsgründe
II. Die nach den §§ 128 Abs. 4, 10 Abs. 3 BRAGO zulässige Beschwerde der Staatskasse ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat zu Recht den Festsetzungsbeschluss vom 02. 04. 2003 abgeändert und die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung durch Beschluss vom 28. 07. 2003 auf weitere 58,12 EUR festgesetzt. Denn dem Prozessbevollmächtigten steht gemäß §§ 121 ff. BRAGO der geltend gemachte Betrag einschließlich Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld zu.
1. Der Umfang einer nach § 128 BRAGO festzusetzenden Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts bestimmt sich gemäß § 122 Abs. 1 BRAGO nach dem Beschluss, durch den Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet wurde.
Dieser Beschluss ist die Kostengrundentscheidung für die Vergütungsfestsetzung.
Dieser Beschluss muss klar und erschöpfend alle den Vergütungsgrund betreffenden Fragen beantworten, um seine Funktion erfüllen zu können. Soll die Bewilligung oder die Beiordnung eingeschränkt werden, so muss sich dies folglich aus dem Beschluss ergeben. Dabei ist diese Einschränkung grundsätzlich in den Tenor des Beschlusses aufzunehmen. Unter Umständen kann eine Beschränkung in den Gründen zur Auslegung des Beschlusses herangezogen werden (Schneider, Anm. zum Beschluss des LAG Bremen vom 11. Mai 1988 – 1 Ta 9/88 – LAGE Nr. 3 zu § 121 ZPO).
Die Bewilligung oder die Beiordnung kann auf das Erkenntnis- oder das Zwangsvollstreckungsverfahren, auf einen bestimmten Verfahrenszeitraum oder auf bestimmte Vergütungen und Auslagen des beigeordneten Rechtsanwalts unter Ausschluss von Mehrkosten im Sinne von § 121 Abs. 3 ZPO beschränkt werden. Andererseits kann der Beschluss nach § 121 Abs. 4 auf die Beiordnung eines weiteren Rechtsanwaltes zur Wahrnehmung eines Beweistermins oder zur Vermittlung des Verkehrs mit den Prozessbevollmächtigten der Partei ausgedehnt werden. Für die zusätzliche Beiordnung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts fehlt es indessen an einer gesetzlichen Grundlage (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16. März 1994 – 11 C 19/93 – NJW 1994, S. 3243).
2. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren kann eine Einschränkung des Bewilligungs- und Beiordnungsbeschlusses zur Vermeidung von Mehrkosten nicht unmittelbar auf § 121 Abs. 3 ZPO gestützt werden. Denn die Zulassung eines Rechtsanwalts bei einem Gericht für Arbeitssachen ist dem Gesetz unbekannt. Doch sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe einschließlich § 121 ZPO gem. § 11 a Abs. 3 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Verfahren ohnehin nur entsprechend anwendbar. So soll der Grundgedanke dieser Bestimmung, unnötige Reisekosten zu vermeiden, auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren zu beachten sein, da auch eine vermögende Partei verständigerweise die Mehrkosten eines auswärtigen Rechtsanwalts grundsätzlich vermeiden würde (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 121 RdNr. 12). Danach kann ein Rechtsanwalt jedenfalls mit seiner Zustimmung, die gegebenenfalls unter Ausübung des richterlichen Fragerechts gemäß § 139 ZPO einzuholen ist, einer Partei im arbeitsgerichtlichen Verfahren eingeschränkt beigeordnet werden, etwa „zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts” oder „unter Ausschluss der Erstattungsfähigkeit von Tage- und Abwesenheitsgeldern sowie etwaiger Reisekosten vom Ort der Kanzlei zum Gerichtsort oder Gerichtstag” (LAG Thüringen, Beschluss vom 21. Juli 1997 – 8 Ta 100/97 – LAGE Nr. 4 zu ...