Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtswidrige Aufhebung der Prozesskostenhilfe bei Parteizustellung im Nachprüfungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch nach dem formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens haben Zustellungen im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren nach §§ 120 Abs. 4 Satz 2, 124 ZPO a.F. jedenfalls dann gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an den Prozessbevollmächtigten der Partei zu erfolgen, wenn dieser die Partei im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hat.
2. Das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gehört zum Rechtszug im Sinne des § 172 Abs. 1 ZPO.
3. Eine ordnungsgemäße Zustellung der Aufforderung zur Mitwirkung im Nachprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a.F. liegt nicht vor, wenn der Prozessbevollmächtigte durch ein ihm zugestelltes Schreiben lediglich über den gerichtlichen Schriftverkehr mit der Partei informiert wird; die Übermittlung einer bloßen Abschrift eines an den Beschwerdeführer direkt übersandten Schreibens an den Prozessbevollmächtigten reicht als bloße Übersendung zur Kenntnisnahme nicht aus, um die Aufforderung zur Vorlage der aktuellen Einkommenssituation im Rahmen des Überprüfungsverfahrens zur Prozesskostenhilfe wirksam werden zu lassen.
Normenkette
ZPO a.F. § 120 Abs. 4 S. 2, § 124 Nr. 2; ZPO § 172 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 26.02.2015; Aktenzeichen 11 Ca 526/13 HBS (PKH)) |
ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 07.11.2014; Aktenzeichen 11 Ca 526/13 HBS (PKH)) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 15.12.2014 wird der Beschluss des Rechtspflegers bei dem Arbeitsgericht Magdeburg vom 07.11.2014 in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung vom 26.02.2015 - 11 Ca 526/13 HBS (PKH) - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an den Rechtspfleger bei dem Arbeitsgericht Magdeburg zurückgereicht.
Das Beschwerdeverfahren ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht eröffnet.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 04.04.2013 ist dem Beschwerdeführer unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. aus H. Prozesskostenhilfe in vollem Umfange mit der Maßgabe, dass kein eigener Beitrag zu den Prozesskosten zu leisten sei, mit Wirkung vom 23.02.2013 für die erste Instanz bewilligt worden. Der damalige Prozesskostenhilfeantrag wurde vom Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers eingereicht.
Mit Schreiben vom 25.06.2013 sowie Erinnerungsschreiben vom 31.07.2014 ist der Beschwerdeführer gemäß § 120 Abs. 4 ZPO a. F. i. V. m. § 40 EG ZPO aufgefordert worden, seine aktuelle wirtschaftliche und persönliche Lage darzulegen. Sein vorheriger Prozessbevollmächtigter erhielt eine solche Aufforderung nicht.
Mit weiterem Schreiben vom 22.09.2014 wurde der Beschwerdeführer erneut zur Darlegung der aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aufgefordert. Von diesem Schreiben erhielt der Prozessbevollmächtigte eine Abschrift.
Als ein Eingang nicht erfolgte, hob der Rechtspfleger bei dem Arbeitsgericht Magdeburg die mit Beschluss vom 04.04.2013 bewilligte Prozesskostenhilfe auf. Dieser Beschluss wurde sowohl dem Beschwerdeführer am 12. 11. 2014 gegen Postzustellungsurkunde als auch seinem Prozessbevollmächtigten am 14.11.2014 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte mit am 15.12.2014 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage Beschwerde namens des Beschwerdeführers ein. Er rügte insbesondere, dass Zustellungen im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen hätten, wenn dieser die Partei im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren - wie vorliegend - vertreten habe. Insbesondere sei ihm die Aufforderung zur Mitteilung der aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht gemäß § 172 Abs. 1 ZPO zugestellt worden.
Der Rechtspfleger bei dem Arbeitsgericht half der sofortigen Beschwerde des Beschwerdeführers ausweislich des weiteren Beschlusses vom 26.02.2015 nicht ab.
Die Landeskasse ist beteiligt worden und vertritt die Auffassung, dass die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung i. S. d. § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO a. F. i. V. m. § 40 EG ZPO an den Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers hätte erfolgen müssen.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
1.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft, § 127 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 11 a Abs. 1 ArbGG.
2.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Obgleich der Ausgangsbeschluss dem Beschwerdeführer persönlich bereits am 12.11.2014 zugegangen war und somit die einmonatige Beschwerdefrist am 12.12.2014 abgelaufen wäre, was zur Verfristung der sofortigen Beschwerde geführt hätte, kommt es hierauf nicht an, denn Zustellungen im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren sind an den Prozessbevollmächtigten, sofern dieser den Beschwerdeführer im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hat, zuzustellen, vgl. LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.02.2015 - 2 Ta ...