Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung beim Einsatz von Drittpersonal. Unbegründeter Antrag des Betriebsrats bei Einsatz eines Wachdienstes zur Überwachung des Betriebsgeländes

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Einstellung von Fremdpersonal zur externen Krankenhausüberwachung in einer Außenstelle steht dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG zu; es fehlt am Merkmal der "Einstellung", wenn das Fremdpersonal im Rahmen einer 2-zu-1-Bewachung überwiegend nur mit der Bewachung des Betriebsgeländes befasst ist.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 1 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Stendal (Entscheidung vom 10.01.2014; Aktenzeichen 4 BV 22/12)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 13.12.2016; Aktenzeichen 1 ABR 59/14)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stendal vom 10. 01. 2014 - 4 BV 22/12 - dahingehend abgeändert, dass die Anträge zu 1. - 3. des zu 1. beteiligten Betriebsrates insgesamt zurückgewiesen werden.

2. Die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Antragsteller beim Einsatz von Drittpersonal ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG zusteht.

Die Beteiligte zu 2 (fortan: Arbeitgeberin) betreibt in U ein Landeskrankenhaus für forensische Psychiatrie mit insgesamt 292 Plätzen. Davon entfallen 80 Plätze auf die im L bestehende Außenstelle. Bei dem Landeskrankenhaus handelt es sich um die zentrale Einrichtung des Landes Sachsen-Anhalt zur Besserung und Sicherung von psychisch kranken Straftätern nach § 63 StGB. Die Patienten werden gerichtlich eingewiesen, wenn nach sorgfältiger Abwägung der Persönlichkeit und der Straftat Umstände festgestellt wurde, dass sie aufgrund ihrer seelischen Erkrankung schuldunfähig oder vermindert schuldfähig und von ihnen wegen ihres Zustandes weitere Straftaten zu erwarten sind.

Antragsteller ist im vorliegenden Verfahren der bei der Arbeitgeberin für die Außenstelle L gebildete Betriebsrat (fortan: Betriebsrat).

Die Arbeitgeberin beschäftigt in der Außenstelle L mehr als 20 Arbeitnehmer. Die im Pflegebereich tätigen Arbeitnehmer sind entsprechend den Vorgaben nach § 3 Abs. 3 Maßregelvollzugsgesetz Sachsen-Anhalt und § 1 Nr. 9 der Verordnung über Verwaltungsvollzugsbeamte als Verwaltungsvollzugsbeamte bestellt. Zu ihren Aufgaben gehören pflegerische und therapeutische Tätigkeiten sowie die Durchführung allgemeiner und besonderer Sicherungsmaßnahmen. Dies schließt auch die Anwendung unmittelbaren Zwangs ein (§§ 19, 20 Maßregelvollzugsgesetz Sachsen-Anhalt).

Die Arbeitgeberin hat die Bewachung des Geländes der Außenstelle L dem privaten Wach- und Sicherheitsdienst ... GmbH (im Folgenden: ...) übertragen. Dem liegt der Vertrag über Wachschutzleistungen vom 19. Juni 2012/12. März 2012 zu Grunde (Bl. 95 bis 100 d. A.). Darin ist unter anderem Folgendes bestimmt:

"§ 1 Gegenstand der Leistung

(1) Der Auftragnehmer erbringt Bewachungsleistungen für den Auftraggeber im Landeskrankenhaus für forensische Psychiatrie U am Standort L.

(2) Die Bewachungsleistungen haben die vorbeugende Verhinderung von Entweichungen der im geschlossenen Bereich untergebrachten Personen des Maßregelvollzugs sowie die Einhaltung der Sicherheit und Ordnung im Maßregelvollzug zum Ziel. Sie beinhalten Wesentlichen:

- Bewachung und Sicherung des Außenbereichs sowie die Mitarbeit bei entweichungsverhindernden Maßnahmen

- optische Kontrollen der Außenbereiche, teilweise mittels Quad o. ä. Fahrzeugen (das Fahrzeug wird vom Auftraggeber gestellt) bzw. mit Dienstbegleithund (Hundehütte wird durch den Auftraggeber gestellt)

- Überwachung der Aktivitäten der Maßregelvollzugspatienten innerhalb und außerhalb des Gebäudes

- Unterstützung des Personals des Maßregelvollzugs in besonderen Situationen und bei der Einleitung von Sofortmaßnahmen nach besonderen Vorkommnissen, wie Geiselnahme, Brand etc.

- Durchführung von Pfortendienst (u. A. Ein- und Auslass, Schlüsselverwaltung, Telefonvermittlung)

- Näheres dazu wird in dem, dem Vertrag als Anlage beiliegenden Handbuch geregelt. Dieses ist Bestandteil des Bewachungsvertrages. Jede Änderung dieses Handbuchs bedarf der Schriftform und wird ebenfalls Bestandteil des Vertrages.

§ 2 Durchführung der Leistung

(1) Die Bewachungsfirma kommt ihren Beratungsleistungen nach Maßgabe dieses Vertrages und den gesetzlichen sowie behördlichen Vorschriften nach. Der Einsatz eines Nachunternehmers ist nicht gestattet. Insbesondere wird sie nur behördlich überprüftes, sicherheitsüberprüftes, zuverlässiges und fachkompetentes Personal, das geistig und körperlich den gestellten Anforderungen gerecht wird, einsetzen. Kommt der Auftraggeber zu der Wertung, dass das Personal nicht den Anforderungen entspricht, ist der Auftraggeber berechtigt, Mitarbeiter als nicht vertragsgemäß einzustufen und neue Mitarbeiter entsprechend der Vereinbarung zu verlangen.

Vor dem Einsatz neuer Mitarbeiter werden diese durch den Einsatzleiter vor Beginn des 1. Dienstes der Einric...

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